: Was sich so alles anhängen lässt
HINTEN Sie kommen treu und brav hinterher, die meisten auf zwei Rädern, anderen reicht das eine schon. Und manchmal brauchen Anhänger noch nicht mal das Fahrrad vorn
VON MARCEL MANNITZKY
Multitalent. Ein Begriff, der nach wie vor als verkaufsfördernd gilt. Also werden auch Fahrradanhänger derart angepriesen, neuerdings verstärkt. Was auch an den Lastenfahrrädern liegen könnte. An denen mit dem offenen Kasten vor dem Lenker. Die scheinen immer beliebter zu werden.
Doch warum sollten sich die Anhänger gerade in Sachen Multifunktionalität etwas vormachen lassen? Sofern die Bodenwanne stabil ist – was eine Selbstverständlichkeit sein sollte –, müssen in der geschlossen Kabine eines Kinderanhängers nicht immer nur Kinder sitzen. Da passen auch mal die Pakete rein, die zur Post wollen, ein paar Einkaufstüten oder die Klamotten für den Altkleidercontainer. Der 5-Punkte-Gurt ist wichtig für die Sicherheit der Kleinen, kann aber auch einen Kartoffelsack festhalten.
Nehmen wir den Croozer Kid Plus. Ein Modell, das unbedingt multifunktionell sein will. Und das bedeutet? Zum Beispiel, dass der Croozer sich zusammenfalten lässt und gefedert ist. Und auch darüber hinaus noch ziemlich wandlungsfähig: Ein paar Handgriffe, ein paar Umbauten, für die kein Werkzeug gebraucht wird – und schon wird aus dem Kinderanhänger zwar keiner für Sack und Pack, aber ein Buggy oder auch Jogging-Begleiter, Walker genannt. Jedes der beiden Modelle – entweder für ein oder zwei Kinder – wird mit zwei Zusatzrädern ausgeliefert. Anstelle der Fahrraddeichsel klinkt man beim Buggy – zusätzlich zu den beiden seitlichen 20-Zoll-Speichenlaufrädern – ein kleines Rad vorn am Rahmen ein. Soll der Walker zum Einsatz kommen, greift man zu einem etwas größeren Rad und befestigt es mittels einer zweiteiligen Stange. Für die Mitnahme dieser Räder und des Gestänges (im Lieferumfang enthalten) bietet sich der separate Kofferraum an – und auch für das kleine Reisegepäck oder den Einkauf zwischendurch. Der Croozer Kid Plus for 1 darf maximal 30 Kilo transportieren (Kind inklusive), der größere Bruder 45 Kilo.
Das Anhänger-Gesamtwerk hat einen Red Dot Award verliehen bekommen, außerdem beim Rennen um den Family Consumer Award 2014, veranstaltet von der Zeitschrift Eltern, in der Kategorie „Unterwegs sein“ den zweiten Platz erreicht. Diese Art der Multifunktionalität kommt offensichtlich an. Das Beispiel verdeutlicht aber auch: Bei den Fahrradanhängern hat die grundsätzliche Unterscheidung in Reise- und Lastenanhänger, Kinder- und Hundeanhänger immer noch eine überaus praktische Bedeutung. Soll heißen: Wer sein Kind etwa in einem Bob Yak im Straßenverkehr herumkutschiert, ist verrückter, als die Polizei erlaubt. Der Bob Yak ist ein kleiner offener Tieflader, angeblich der Vater aller einspurigen Radanhänger. Leichtgängig und für eine Beladung bis 32 Kilo ausgelegt, hat er sich auf unzähligen Radtouren bewährt.
Auch der wöchentliche Einkauf lässt sich auf ihm bequem nach Hause bringen, ähnlich gut verpackt und verschnürt wie das Reisegepäck, versteht sich. Aber er ist halt ein Reise- und Lastenanhänger, und die sind im Sinne des Gesetzgebers nicht „zur Beförderung von Kindern eingerichtet“. Für so etwas sind sie einfach nicht erdacht worden. Vielmehr für den Transport von Wasser- und Bierkisten oder Reisetaschen. Oder auch für Bücherkartons, Altpapier, Gartenabfälle. Dafür käme auch der Anhänger „hinterher“ in Frage (siehe auch taz-Verlosungsaktion auf dieser Seite), dessen Aluminium-Chassis völlig unterschiedlich bestückt werden kann.
Die Wannengröße der Maxi-Version (mit 20-Zoll-Laufrädern) ist abgestimmt auf gängige Werkzeugkisten, die des „Hminis“ (16 Zoll) auf das Euronorm-Boxenmaß 40 mal 60 Zentimeter. Und wie viele Lastenanhänger gibt sich auch der „hinterher“ auf ähnliche Weise multifunktional: Auch er lässt sich als Handwagen oder Sackkarre ziehen oder schieben.
Andere Lastenanhänger sind grundsätzlich rundum geschlossen. Rollende Container, nach oben dicht dank Stoffbespannung, Plastikplane oder auch Alu-Deckel. So dicht, dass darunter kein Hund zur Jagd gefahren werden möchte. Für solche Zwecke bieten einige Hersteller spezielle Hundeanhänger an, die wiederum denen für den Kindertransport ähneln, wenigstens von außen.
Im offenen Kasten einiger Lastenfahrräder lassen sich bis zu zwei Kinder transportieren, eventuell passt auch noch ein drittes rein. Oder der eine oder andere Zwergpudel. Dazu oder alternativ Tüten, Taschen und Klimbim. Aber so flexibel ein Lastenfahrrad auch sein kann, es bleibt immer, was es ist: ein wuchtiges Gefährt in Überlänge. Viele der Anhänger sind hingegen zur Veränderung fähig, wenn auch auf unterschiedliche, manchmal nur begrenzte Weise. Eines allerdings zeichnet sie allesamt aus. Sie lassen sich jederzeit und überall an- und auch wieder abhängen.