: CIA vernichtet mutmaßliche Foltervideos
Um die beteiligten Agenten zu schützen, hat der US-Geheimdienst Videomitschnitte von Verhören mutmaßlicher Al-Qaida-Mitglieder gelöscht. Weder 9/11-Kommission noch Justiz hatte die enthaltenen Informationen je zu Gesicht bekommen
AUS WASHINGTON ADRIENNE WOLTERSDORF
Der US-Geheimdienst CIA hat Medienberichten zufolge Videomitschnitte von Verhören mutmaßlicher Al-Qaida-Terroristen vernichtet. Die Mitschnitte der Verhöre, bei denen auch „harsche Methoden“ wie das sogenannte Waterboarding angewandt wurden, sollten mögliche Geständnisse der Gefangenen dokumentieren und die interne Überwachung der Prozedur ermöglichen. Die Aufzeichnungen sollen Vernehmungen von Abu Zubaydah, dem ersten CIA-Gefangenen nach den Terrorattacken vom 11. September 2001, sowie eines weiteren ranghohen Mitglieds des Terrornetzes gezeigt haben, berichteten US-Zeitungen am Freitag. Zubaydah, ein Vertrauter von Al-Qaida-Chef Ussama Bin Laden, war laut Regierungsbeamten von der CIA mit der Methode des simulierten Ertrinkens gefoltert worden.
Nach den Worten von CIA-Direktor Michael Hayden wurden die Mitschnitte vernichtet, um die Geheimagenten und ihre Familien vor eventuellen Racheakten und „rechtlichen Problemen“ zu schützen. Die Videos stammten laut den Berichten aus dem Jahr 2002 und wurden 2005 vernichtet. CIA-Chef Michael Hayden soll den Mitarbeitern am Donnerstag gesagt haben, die Entscheidung sei innerhalb der CIA zum Schutz ihrer verdeckten Ermittler gefallen. Die Bänder hätten zudem für die Ermittlungen keinen Wert mehr gehabt.
Das könnte der US-Kongress jedoch ganz anders sehen. Mit der Vernichtung sollten dem Kongress und der Justiz Informationen vorenthalten werden, schrieb die New York Times. Auch die vom Weißen Haus eingesetzte Untersuchungskommission zum 11. September, die zur Klärung der Ereignisse umfangreiches Material von der CIA angefordert hatte, hatte die Videos nie zu sehen bekommen.
US-Medien hatten im Oktober berichtet, Hayden habe eine Untersuchung der Arbeit des internen Generalinspekteurs der CIA, John Helgerson, angeordnet, nachdem dieser Berichten über Folter in CIA-Verhören nachgegangen war. Helgerson hatte zuvor einen Report über die Versäumnisse der US-Geheimdienste im Vorfeld des 11. September 2001 vorgelegt und damit zahlreiche Geheimdienstmitarbeiter verärgert.
Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Vernichtung der Mitschnitte. „Die CIA scheint absichtlich Beweise zerstört zu haben, aufgrund deren ihre Agenten wegen Folter von Gefangenen zur Verantwortung hätten gezogen werden können“, sagte Jameel Jaffer von der US-Menschenrechtsorganisation ACLU der Zeitung.
Präsident George W. Bush hatte vor wenigen Wochen die „harschen“ Verhörmethoden von Terrorverdächtigen verteidigt, aber Folter erneut bestritten. Die USA hielten sich an internationale Verpflichtungen. „Diese Regierung foltert nicht“, sagte er. Die New York Times hatte zuvor berichtet, das Justizministerium habe in einem geheimen Memorandum 2005 ausdrücklich Gewaltanwendung bei Verhören in CIA-Gefängnissen gebilligt, darunter auch Schläge.