: Kampf behindert
Staatsschützer in Sachsen-Anhalt wiederholt Kritik: Vize-Polizeichef bremste engagiertes Vorgehen gegen Rechts
MAGDEBURG dpa ■ Der frühere Leiter des Staatsschutzes der Polizeidirektion Dessau-Roßlau (Sachsen-Anhalt) hat den Vorwurf wiederholt, zwei Vorgesetzte hätten engagierte Polizisten im Kampf gegen rechtsextremistische Straftaten bremsen wollen. Der damalige stellvertretende Polizeipräsident habe Anfang Februar angesichts dramatisch gestiegener Fallzahlen politisch motivierter Kriminalität erklärt, „dass man nicht alles sehen müsse“, sagte der Polizist am Montag vor einem Untersuchungsausschuss des Landtages. Eine andere leitende Beamtin vom Zentralen Kriminaldienst habe im gleichen Monat erklärt, die hohe Zahl der erfassten rechtsextremistischen Straftaten schade der Polizeidirektion Dessau-Roßlau.
Nach Angaben des Zeugen soll der damalige Vizechef der Behörde die gegen den Rechtsextremismus gerichtete Landeskampagne „Hingucken!“ als Projekt „für die Galerie“ abgewertet haben. Der hohe Beamte habe zudem vor dem Hintergrund der hohen Fallzahlen erklärt, man könne auch länger an einen Bericht schreiben. „Ich habe das so verstanden, dass eine geringere Arbeitsintensität gewünscht wird“, sagte der Polizist vor dem Ausschuss, der im Tagesverlauf noch vier weitere Zeugen vernehmen wollte, darunter den mit den Vorwürfen konfrontierten früheren Vizechef der Polizeidirektion Dessau-Roßlau.
Innenminister Holger Hövelmann (SPD) hatte bereits im Juni nach einer polizeiinternen Untersuchung des Vorfalls bestätigt, dass die Äußerungen des stellvertretenden Polizeipräsidenten fielen. Sie seien aber „selektiv und sinnentfremdend“ wiedergegeben worden. Der Vorwurf, er habe Polizisten aus Gründen der Statistik zu lascheren Ermittlungen aufgefordert, sei nicht gerechtfertigt.
Der zehnte Untersuchungsausschuss in der Geschichte des sachsen-anhaltischen Landtags war nach Bekanntwerden der Dessauer Vorwürfe auf Initiative der Linken eingesetzt worden, um mehrere Polizei-Pannen im Kampf gegen Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit zu beleuchten. Konkret untersucht das Gremium seit Oktober sechs Vorfälle.