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Archiv-Artikel

„Für einen Scherz ist die Sache zu wichtig“

AKTION Am 1. April will man sich im Görlitzer Park zu einem Kiff-in treffen. Das soll auch ein Zeichen der Solidarität sein, sagt ein einladender Aktivist

Django Reinhardt

■ Django Reinhardt heißt nur bei Facebook Django Reinhardt. Im realen Leben studiert der 27-Jährige Kunstgeschichte an der Humboldt-Universität zu Berlin.

taz: Herr Reinhardt, auf Facebook haben Sie für den 1. April zu einem Solidaritäts-Kiff-in im Görlitzer Park eingeladen. Anlass ist die geplante Einführung von Null-Toleranz-Zonen für Parks und Grünflächen. Organisieren Sie das alleine oder machen Sie das mit einer Gruppe?

Django Reinhardt: Wir sind eine handvoll Aktivist*Innen, die seit Jahren politisch aktiv sind und vor allem gegen die rassistische Asylpolitik des Berliner Senats intervenieren.

Was ist geplant, wenn die Polizei kommt?

Das kann man erstmal gar nicht sagen. Wir gehen im Moment davon aus, dass sich am 1. April eine große heterogene Menschenmenge im Park versammeln wird. Wir werden natürlich niemanden zu Straftaten auffordern, und somit bleibt jedem/jeder selbst überlassen, wie er/sie an dem Tag handelt. Aber den Verwaltungsaufwand, wenn jede*r kontrolliert wird, der da gerade kifft oder sonst wie solidarische Zeichen setzt, möchte ich gerne sehen.

Es ist von einem Solidaritäts-Kiff-in die Rede. Solidarität mit wem?

Solidarität mit Menschen, die durch eine gesellschaftlich akzeptierte Droge kriminalisiert und drangsaliert werden. Aber auch mit geflüchteten Menschen, die manchmal gar keine andere Wahl haben. Durch Residenzpflicht und Arbeitsverbote sind viele mittellos oder gar obdachlos. Siehe zum Beispiel die Räumung des Oranienplatzes oder aber auch die wahrscheinlich bevorstehende Räumung der Gerhart-Hauptmann-Schule. Aber auch diese Menschen brauchen Mittel, um (über)leben zu können, und wissen sich dann nur zu helfen, indem sie Illegales machen.

Was wollt ihr mit eurer Aktion erreichen?

Eine noch höhere gesellschaftliche Akzeptanz von Marihuanakonsument*Innen und vor allem ein solidarisches Miteinander mit Menschen, die eine Fluchtgeschichte hinter sich haben. Es kann nicht sein, dass es in Ordnung ist, sich jedes Wochenende ins Koma zu saufen, aber wenn jemand einen Joint raucht, wird er immer noch kriminalisiert.

Proteskiffen gegen null Toleranz

■ Für Anfang April hat Innensenator Frank Henkel (CDU) gemeinsam mit Justizsenator Thomas Heilmann (CDU) die Einführung von weiteren Null-Toleranz-Zonen angekündigt. In diesen kann sich niemand mehr auf die Eigenbedarfsklausel berufen, nach welcher man bisher bis zu 15 Gramm Marihuana besitzen darf. Zu den Null-Toleranz-Zonen sollen alle Parks und Grünflächen gehören. Bisher gab es diese Zonen nur vor Kitas, Schulen, auf Spielplätzen oder Bahnhöfen.

■ Am 1. April soll aus Protest dagegen ein Solidaritäts-Kiff-in im Görlitzer Park stattfinden. Bisher haben sich bei Facebook über 2.300 Menschen angemeldet.

Und diese Aktion im Görlitzer Park ist wirklich kein Aprilscherz?

Für einen Aprilscherz ist dieses Anliegen zu wichtig. Der 1. April wurde gewählt, weil Innensenator Frank Henkel seinen Gesetzesentwurf zum 1. April durchsetzen will.

INTERVIEW: MARIE-THÉRÈSE HARASIM