: Migranten im Gegenwind
STUDIE Jeder vierte Berliner ist negativ gegenüber Migranten eingestellt – das ist mehr als im Rest der Republik. Das Ost-West-Klischee stimmt aber nicht mehr
Jeder vierte Berliner ist einer Umfrage zufolge negativ gegenüber Migranten eingestellt. Damit liege die Hauptstadt über dem Bundestrend, sagte Geschäftsführer des info-Marktforschungsinstituts, Holger Liljeberg, am Donnerstag. Während sich in Berlin 26 Prozent der Bürger abfällig über Ausländer äußerten, seien dies in einer früheren Befragung deutschlandweit 19 Prozent gewesen. Angesichts dieses Ergebnisses forderte die ehemalige Ausländerbeauftragte Barbara John ein Umdenken – auch Deutsche müssten integriert werden.
Für die Studie „Wie tolerant ist Berlin?“ wurden 1.010 Berliner befragt. Bei den Personen, die sich in der Befragung negativ über Ausländer und Einwanderer äußerten, handelt es sich demnach im Durchschnitt um Menschen, die älter als 45 Jahre sind sowie über eine schlechte Schulbildung und ein geringes Einkommen verfügen. 20 Prozent der Befragten würden sich auch nicht davor scheuen, die eigene Kultur mit Gewalt zu verteidigen.
Besonders in Marzahn-Hellersdorf sind nach Angaben der Meinungsforscher Ressentiments verbreitet. 48 Prozent der Befragten gaben hier an, ein Problem mit Ausländern zu haben. Danach folgen Treptow-Köpenick mit 39 Prozent und Spandau mit 30 Prozent. Am tolerantesten sind die Bewohner in Mitte (15 Prozent) und Tempelhof-Schöneberg (16 Prozent).
Einig waren sich die meisten Befragten darin, dass das Erlernen der deutschen Sprache das beste Mittel zur Integration von Migranten sei. Zwei von drei Befragten würden es begrüßen, wenn Einwanderer zu Deutschkursen gezwungen werden könnten. Nach Angaben der Forscher teilen die meisten Migranten diese Sichtweise.
Die Meinungsforscher wollen die Ergebnisse ihrer Studie nicht überbewerten. Trotz der Ressentiments erweise sich Berlin mehrheitlich immer noch als tolerante Stadt, betonten sie in ihrem Fazit. Laut John, die bis 2003 als Berliner Ausländerbeauftragte arbeitete, hat sich aber nicht alles zum Besseren gewandelt. „Berlin ist die Hauptstadt der Armen“, sagte sie. Deshalb sei es nicht verwunderlich, dass sich die Stimmungslage verschlechtert habe. Sie forderte deshalb eine bessere Wirtschaftspolitik. „Ein Prozent Wirtschaftswachstum hilft mehr als 1.000 Integrationskurse“, sagte John. (dapd)