: Chinas Führung bekämpft Frauenaktivistinnen
CHINA Vor dem Jubiläum der UN-Frauenkonferenz in Peking werden Frauenrechtlerinnen eingesperrt
AUS PEKING FELIX LEE
Offiziell haben Frauenrechte in China einen hohen Stellenwert. Frauen und Männer sind laut Verfassung gleichgestellt, es herrscht Lohngleichheit. Und die meisten Frauen können ihrem eigenen Beruf nachgehen. Doch ein großes Problem ist Gewalt gegen Frauen. Chinas Frauenverband veröffentlicht regelmäßig Zahlen, denen zufolge es in fast jeder dritten Ehe Gewalt gegen Frauen gibt. Auch sexuelle Belästigung ist weit verbreitet. Das prangert die chinesische Führung regelmäßig an.
Nichts anderes wollten auch zehn Frauenaktivistinnen in Peking, Guangzhou und Hangzhou am 8. März, dem auch in China begangenen Weltfrauentag, öffentlich thematisieren, als sie in ihren jeweiligen Städten Protestspaziergänge planten. Doch zwei Tage vor der geplanten Aktion wurden sie allesamt verhaftet.
„Anzettelung von Streit“
In Peking reagierten die Sicherheitskräfte an diesem Tag besonders empfindlich, weil zur zeitgleich der Nationale Volkskongress begann, Chinas jährliche Parlamentssitzung. Auch andere Aktivisten wurden auf dem Platz des Himmlischen Friedens verhaftet. Seit dem Ende des Volkskongresses am 15. März sind die meisten wieder auf freiem Fuß. Doch fünf der zehn Frauenaktivistinnen werden weiter festgehalten. Es handelt sich um Wu Rongrong, Wang Man, Li Tingting, Zheng Churan und Wei Tingting. „Ist es gut, sich selbst der Gefahr des Unbekannten auszusetzen?“, lautete Weis letzter Eintrag auf dem chinesischen Kurznachrichtendienst Weibo.
An den ersten Tagen war zunächst nichts über den Verbleib der Frauen bekannt. Inzwischen wissen ihre Anwälte, wo die fünf inhaftiert sind. Ihnen wird „Anzettelung von Streit und Provokation“ vorgeworfen. Die chinesischen Behörden erheben diesen Vorwurf häufig gegen Bürgerrechtler und Dissidenten. Ihnen droht bis zu drei Jahre Haft.
Anfang dieser Woche teilten die Anwälte mit, dass zwei von ihnen erkrankt seien. Wang Man leide an einer Herzkrankheit. Durch die vielen Verhöre und schlechten Haftbedingungen habe sich ihr Zustand verschlechtert. Über Wu Rongrong ist bekannt, dass sie eine chronische Leberkrankheit habe. Ihr seien die Medikamente weggenommen worden. „Das hat ihre Verfassung noch verschlechtert“, sagte ihr Anwalt Liang Xiaojun.
Internationale Menschenrechtsorganisationen haben sich eingeschaltet und fordern die Freilassung der fünf Frauen. Auch die US-Regierung und die Europäische Union setzen sich für sie ein. „Während die Vereinten Nationen an den 20. Jahrestag der Weltfrauenkonferenz 1995 in Peking erinnern wollen, soll China nicht die Aktivitäten von Menschenrechtsverteidigern beschränken, die sich für Frauenrechte einsetzten“, forderte ein Sprecher der EU-Botschaft in Peking.
Das chinesische Außenministerium hingegen verbat sich eine „Einmischung in Chinas rechtliche Souveränität“.