: Benachteiligter Ehrgeizling
Es war für ihn ein gelungener Abend, ein schönes Fußballspiel. Zwar mussten sich Enis Alushi und Teamkollegen mit 0:2 geschlagen geben. Und Alushi, dieser Ehrgeizling auf dem Rasen, hasst eigentlich Niederlagen. Es waren diesmal aber spezielle Rahmenbedingungen. Der 29-Jährige spielte nicht in den braun-weißen Farben seines FC St. Pauli. Alushi trug gelbe Stutzen, eine blaue Hose und ein blau-gelbes Trikot, auf dem der Schriftzug „Kosovo“ mit einem Stern als Zusatz geschrieben stand. Der Gegner hieß Werder Bremen und das Testspiel fand in Nordhorn an der niederländischen Grenze vor 3.500 Zuschauern statt. Levent Aycicek (27.) und Fin Bartels (88.) trafen für Werder.
Kosovarische Fahnen und die Landeshymne waren nicht erlaubt. Das Kosovo ist bis heute kein Uefa- oder Fifa-Mitglied. Das Land gehörte zu Jugoslawien und war von 2003 an Teilregion der Republik Serbien. Anfang 2008 rief das Kosovo seine Unabhängigkeit aus. Die Kontroverse über die Legitimität dieses Schritts dauert an. So wird Kosovo bisher nur von 109 der 193 Staaten der Vereinten Nationen anerkannt. Nicht dazu gehören Russland, aus traditioneller Verbundenheit zu Serbien, und China, um die Bestrebungen Tibets nach Eigenstaatlichkeit nicht zu bestärken. Auch Spanien sieht im Kosovo keinen rechtmäßigen Staat – aus Sorge, Katalonien oder das Baskenland könnten sich darauf berufen und sich von Madrid lossagen.
Alushi kann nicht verstehen, warum er mit dem Land, in dem er geboren wurde, nicht an Wettbewerben der Fifa und Uefa für Nationalteams teilnehmen darf. „Für uns ist es natürlich traurig, dass wir aus politischen Gründen noch nicht anerkannt sind. Wir sind Sportler und haben mit der Politik wenig bis gar nichts zu tun“, sagte Alushi, der früher für die deutsche U 19 und U 20 gespielt hat und 2013 die ebenfalls aus dem Kosovo stammende deutsche Nationalspielerin Fatmire Bajramaj heiratete, im Interview mit Radio Bremen. „Es ist blöd für uns und wir fühlen uns benachteiligt, weil wir gerne den sportlichen Wettbewerb mit anderen Nationen suchen würden, uns aber die Möglichkeit verwehrt wird.“
Die Eventfirma des früheren Werder-Torwarts Dieter Burdenski hat Testspiele der kosovarischen Auswahl in Deutschland organisiert. Drei Tage vor dem Spiel in Nordhorn hatten sich Alushi und Co. ein 0:0 gegen Eintracht Frankfurt erarbeitet. Es sind kleine Schritte auf dem Weg zur Teilnahme an WM- und EM-Qualifikationen. Und es gibt Erfolge: Bei den Olympia 2016 in Rio de Janeiro ist das Kosovo dabei. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) erkannte das Balkan-Land Ende 2014 als 205. Vollmitglied an. GÖR