: Das Kartenlesegerät stiehlt am Wahltag allen die Show
NIGERIA Technische Probleme verzögern die Wahl, aber die Stimmung bleibt weitgehend friedlich
VON OKORO CHINEDU (LAGOS), AUGUSTINE OSAYANDE (ABUJA) UND DOMINIC JOHNSON
Wahlen sind Wahlen und Nigeria ist Nigeria. Dass entweder Amtsinhaber Goodluck Jonathan oder Oppositionsführer Muhammadu Buhari die Präsidentschaftswahlen gewinnt, war den 180 Millionen Nigerianern klar, als sie am Samstag an die rund 150.000 Wahllokale strömten. Weniger klar war ihnen, was im Wahllokal eigentlich passiert. Eine Serie von Pannen führte dazu, dass die Wahlkommission Inec am Samstagnachmittag die Verlängerung der Wahl um einen Tag auf Sonntag ankündigte. Letztendlich war die Wahlverlängerung nur in rund 300 Wahllokalen nötig, aber an diesem Wahlwochenende hat eindeutig weder Jonathan noch Buhari allen die Show gestohlen, sondern das Inec-Kartenlesegerät.
Wählen ist in Nigeria eine komplizierte Angelegenheit. Vormittags wird man im Wahllokal „akkreditiert“: die Wahlhelfer überprüfen mit Lesegeräten die biometrischen Wählerausweise, sie markieren die Finger der Wähler mit nicht abwaschbarer Tinte und geben ihnen Nummern. Am Nachmittag können diese Wähler ihre Wahlzettel entgegennehmen, gegen Vorzeigen ihrer Nummer, und in die Urne werfen.
Aber vielerorts funktionierten am Samstagvormittag die Lesegeräte nicht, und wenn sie funktionierten, wussten viele Wahlhelfer sie nicht zu bedienen. Sogar Präsident Jonathan musste in seinem Heimatdorf eine halbe Stunde auf seine „Akkreditierung“ warten.
In einem Wahllokal in Lagos, berichteten Wähler, bemerkte ein hochrangiger Inec-Mitarbeiter, dass die Wahlhelfer vergessen hatten, beim Auspacken der Lesegeräte die Schutzfolien vor den Kameras zu entfernen, mit denen die Wählerausweise gescannt werden. „Nach einem langen Disput überzeugte er die Wahlhelferin, die Folie zu entfernen. Das Gerät erkannte daraufhin nicht nur die zuvor zurückgewiesenen Wählerausweise an, sondern funktionierte schneller als vorgesehen“, berichtete Wählerin Amaka Linda.
Bei Gewalt im Zusammenhang mit den Wahlen wurden in einzelnen Orten rund 15 Menschen getötet; am Vorabend überfielen die Islamisten von Boko Haram ein Dorf im nordöstlichen Bundesstaat Borno und töteten 23 Menschen. Im südlichen Bundesstaat Rivers fordert die Opposition eine Wahlannullierung wegen verbreiteter Einschüchterung. Doch Beobachter konstatierten ansonsten landesweit eine überwiegend friedliche und engagierte Stimmung.
Um Transparenz bei der Stimmauszählung zu garantieren, wird diese in den Wahllokalen öffentlich vorgenommen. Die seit Samstagabend einlaufenden Teilergebnisse legen nahe, dass die Opposition unter Buhari sich Hoffnungen machen kann. Symbolträchtig: Präsident Jonathan hat das Gelände des Präsidentenpalastes Aso Rock in der Hauptstadt Abuja, in dem sich zwei Wahllokale befinden, verloren, mit 595 Stimmen gegen 613 für Buhari.
Im nordöstlichen Kriegsgebiet, wo viele Flüchtlinge vor Boko Haram ihre Stimmen abgaben, kam Buhari zum Teil fast 100 Prozent. Die Wahlbeteiligung sei sehr hoch gewesen und manche Wähler hätten 20 Kilometer zu Fuß zum Wahllokal zurückgelegt, erklärte Bornos Provinzgouverneur Alhaji Kashim Shettima und lobte das Engagement der Bürger.