: Telekom wird US-Tochterfirma nicht los
MOBILFUNK AT&T hat sein Aufgebot für die US-Tochterfirma der Telekom abgeblasen. Für den geplatzten Deal zahlt der US-Telefonkonzern bis zu vier Milliarden Dollar an das deutsche Unternehmen
CRAIG MOFFETT, ANALYST
WASHINGTON taz | Die Deutsche Telekom bleibt auf ihrer US-Mobilfunktochter T-Mobile USA sitzen, AT&T will sie nicht mehr. Nach monatelangem Ringen mit den Wettbewerbshütern hat der US-Telefonriese die im März verkündete 39 Milliarden Dollar schwere Übernahme am Montag abgeblasen. Der Telekom bleiben nun ein 4 Milliarden Dollar schweres Trostpflaster und ein Sorgenkind in den USA.
„Es ist, als reiche ein Paar die Scheidung ein, das noch gar nicht verheiratet war“, erklärte der Analyst des Forschungsinstituts Sanford Bernstein, Craig Moffett. Ihre Hochzeit hatten die Konzerne im März bekannt gegeben – bis zum Jahresende sollte sie perfekt sein.
Davon hätten beide viel gehabt: AT&T hätte mit einem Schlag sein Netz deutlich ausgebaut. Die Telekom wiederum hätte sich eines verlustreichen Problemfalls entledigt und mit dem Erlös Milliarden von Schulden abgebaut. Unter anderem blieben der US-Tochter zuletzt die Vertragskunden aus, weil T-Mobile USA als einziger der vier Großen im Land Apples iPhone nicht im Angebot hat.
Doch das US-Justizministerium und später die Telekommunikationsaufsicht FCC wehrten sich mit Händen und Füßen gegen das Aufgebot. Durch den Zusammenschluss von AT&T, mit einem Marktanteil von über 25 Prozent der zweitgrößte Anbieter auf dem US-Telekommunikationsmarkt, und T-Mobile, mit circa 10 Prozent die Nummer vier, fürchteten sie Nachteile für den Wettbewerb und damit auch höhere Preise für die Verbraucher.
Zusammen mit Marktführer Verizon, der etwa ein Drittel der Handykunden abdeckt, hätte die neue Firma einen Marktanteil von etwa 80 Prozent. Ein Albtraum für den mit etwa 10 Prozent Marktanteil drittgrößten Anbieter Sprint. „Dieses Ergebnis ist ein Sieg für Millionen von Amerikanern, die mobile Telekommunikationsnetze nutzen“, jubelte der stellvertretende Generalstaatsanwalt James Cole am Montag.
Verhalten reagierte T-Mobile-Chef Philipp Humm. Zunächst gehe das Geschäft weiter wie bisher, erklärte er amerikanischen Medien. Nach innen blies er zum Kampf: „Lasst uns ins neue Jahr gehen und allen zeigen, dass wir Herausforderer sind“, sagte er in einer Erklärung an die T-Mobile-Beschäftigten. Der im März eingeleitete Prozess sei beendet. „Wir haben die Möglichkeit, unsere eigene Zukunft zu schreiben.“
Zwar ist ein ähnlich potenter Käufer nicht in Sicht. Doch wenigstens ein Trostpreis: Die Telekom bekommt von AT&T für den Rückzug 3 Milliarden Dollar. Zudem darf sie das Netz des größeren Rivalen mehrere Jahre lang fürs Roaming mitnutzen und bekommt begehrte Funkfrequenzen. AT&T bezifferte den Gesamtwert des Ausgleichspakets gar auf 4 Milliarden Dollar.
Der Konzern hatte sich redlich Mühe gegeben, die deutsche Tochter zu übernehmen. Zum Schluss soll AT&T sogar bereit gewesen sein, bis zu 30 Prozent von T-Mobile zu verkaufen, um die Hüter des Wettbewerbs zu beschwichtigen. Vielen Mitarbeitern von T-Mobile hätte das gefallen. Während AT&T nämlich ein gewerkschaftlich gut organisiertes Unternehmen ist, soll T-Mobile USA seit Jahren systematisch verhindert haben, dass sich Mitarbeiter für bessere Arbeitsbedingungen organisieren.
„T-Mobile ist einer der gewerkschaftsfeindlichsten Konzerne der Branche“, so der Chefökonom des Gewerkschaftsdachverbands AFL-CIO, Ron Blackwell. Einschüchterungen, Strafmaßnahmen und sogar Kündigungen riefen 2010 sogar die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch auf den Plan. ANTJE PASSENHEIM