Haft für Steuerbetrug mit CO2-Zertifikaten

URTEIL Beim Handel mit Verschmutzungsrechten erschlichen sich sechs Männer eine Viertelmilliarde Euro vom Fiskus. Ob sich auch die Deutsche Bank schuldig gemacht hat, wird noch untersucht

BERLIN taz/dpa | Mindestens 230 Millionen Euro Steuergeld haben sich sechs Männer 2009 und 2010 durch den Handel mit CO2-Zertifikaten erschlichen. Dafür verurteilte sie das Landgericht in Frankfurt am Main am Mittwoch zu Haftstrafen zwischen drei und sieben Jahren und zehn Monaten. Die meisten der Angeklagten im Alter zwischen 27 und 66 Jahren hatten zuvor gestanden.

Auch die Deutsche Bank war in die Geschäfte involviert, weil der Handel über sie abgewickelt wurde. In dem aktuellen Prozess war sie zwar nicht angeklagt, aber die Staatsanwaltschaft ermittelt auch gegen sieben ihrer Mitarbeiter.

CO2-Zertifikate lassen sich leicht von einem Land in ein anderes transferieren. Bis das Steuerrecht 2010 entsprechend geändert wurde, eigneten sich die Verschmutzungsrechte deshalb besonders gut für eine spezielle Form des Betrugs, genannt Umsatzsteuerkarussell. Hierbei werden Waren über mehrere Firmen und Landesgrenzen hinweg gehandelt, wobei sich die Beteiligten die Vorsteuer vom Finanzamt zahlen lassen, ohne jemals die Umsatzsteuer abgeführt zu haben.

Auf diese Weise konnten die am Mittwoch verurteilten Männer ein Betrugssystem aufbauen, das erst im April 2010 aufflog. Mehr als 1.000 Ermittler hatten damals 230 Objekte in mehreren europäischen Ländern durchsucht, unter anderem die Zentrale der Deutschen Bank.

Der Prozess zeigte nur die Spitze des Eisbergs. Der Gesamtsteuerschaden wurde auf rund 850 Millionen Euro beziffert. Laut Generalstaatsanwaltschaft gibt es mehr als 170 Beschuldigte, darunter auch die sieben Mitarbeiter der Deutschen Bank.

Oberstaatsanwalt Thomas Gonder sagte bei seinem letzten Plädoyer am Montag, der Betrug mit den Verschmutzungsrechten hätte ohne die Deutsche Bank nie stattfinden können. Bei der Bank selbst geht man davon aus, dass die Mitarbeiter unschuldig sind. Eine interne Untersuchung, heißt es in der offiziellen Stellungnahme, habe bisher keine Hinweise auf eine Verstrickung in den Skandal ergeben. SEBASTIAN FISCHER