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Archiv-Artikel

KUNST

schaut sich in den Galerien von Berlin um

JULIA GWENDOLYN SCHNEIDER

Eine saftige grüne Weise hängt mitten im Raum, kopfüber auf eine Leinwand projiziert. Der Himmel ist dort, wo eigentlich der Boden wäre. Stutzig blicke ich auf dieses Stück Grün. Von wo aus soll es aufgenommen worden sein? Dann wird mir klar: Es ist nicht der Wind, der hier die Gräser sachte durchzieht, sondern ein Algorithmus. Die Landschaft ist eine reine Simulation. Die großformatige Projektion von Awst & Walther ist in der PSM Galerie zu sehen. Sie bildet den Ausgangspunkt für Ground Control, ein „interdisziplinäres Forum“, mit dem das Künstlerduo zum Umdenken über den Umgang mit der Umwelt auffordert und danach fragt, wie wir grundlegend umweltbewusster leben können. Landschaft, so die Ausgangsthese, ist nichts Ungestörtes, sondern immer durchdrungen von zahlreichen Einflüssen. Und wer definiert überhaupt, was Natur ist? Ganz im Sinne von Timothy Morton in seinem Buch „Ecology without Nature. Rethinking Environmental Aesthetics“ schlägt die Kuratorin und Aktivistin Ine Gevers vor, die Natur nicht länger zu objektivieren, denn: „Das hält uns von einer wirklichen Auseinandersetzung ab und erzeugt nur Distanz.“ Im Gedanken des Anthropozän stecke zwar, dass der Mensch für die Erzeugung von Naturkatastrophen verantwortlich sei, aber es werde in diesem Konstrukt kein Weg für eine Weiterentwicklung im Sinne einer radikalen Ökologie aufgezeigt. Letzten Sommer luden Awst & Walther zu einem Austausch an der walisischen Küste ein. Philosophen, Wissenschaftler, Archäologen, Tänzer und Musiker warfen bei einer Versammlung am megalithischen Hügelgrab Barclodiad-y-Gawres kritische Blicke auf unsere Wahrnehmung der Landschaft. Die nächste Auseinandersetzung mit „Zukunftsmodellen und Alternativen zum Jetzt“ findet zum Abschluss der Ausstellung am 18. April bei PSM statt (Do.–Sa. 12–18 Uhr, Symposium am 18. 4., Köpenicker Str. 126).

Der enge Bezug zur Umgebung steht auch bei Danilo Dueñas im Vordergrund. Seine raumgreifenden Installationen setzen sich aus Alltagsgegenständen zusammen. Dueñas arbeitet mit ausgedienten Dingen, die Gebrauchsspuren aufweisen. In seinen formal durchdachten Skulpturen bleiben die Materialien meist unbearbeitet: Vergänglichkeit und Unvollkommenheit hofiert er als Teil des Lebens, zugleich überführt er die Gebrauchsgegenstände in eine ästhetische Erfahrung jenseits ihrer praktischen Funktion. Wie das geschieht, ist derzeit in der Galerie Thomas Schulte zu sehen. Beeindruckend ist vor allem eine Art Berglandschaft aus einer dunkelbraunen Lkw-Plane, die die Hälfte des Galerieraums in Beschlag nimmt (Do.–Sa. 12–18 Uhr, Charlottenstr. 24).