: Rechts-Streit
Ein badischer CDU-Mann trennt sich jetzt von rechten Szeneanwälten. Seine Kollegin mit NPD-Vergangenheit darf bleiben. Die Recherche der Kontext:Wochenzeitung über Juristen am rechten Rand hat zu heftigen Reaktionen geführt. Die Advokaten fühlen sich als Opfer einer Medienkampagne
von Meinrad Heck
Es gab nichts zu leugnen. Auch der freundliche Hinweis der jungen Juristin an die Redaktion der Kontext:Wochenzeitung, „gegen fehlerhafte und tendenziöse Berichterstattung“ werde „gerichtlich vorgegangen“, hat die Geschichte „Von Rechts wegen“, in der Kontext vor zwei Wochen über arg rechte Tendenzen bei Rechtsanwälten berichtete, nicht verhindert. Die Rechtsanwältin Nicole Schneiders hat mittlerweile einräumen müssen, „kurzzeitig“ NPD-Mitglied in Jena gewesen zu sein. Ihr Vorsitzender war in den Jahren 2000 und 2001 Ralf Wohlleben gewesen. Beide kennen sich seit Jahren und haben eine gemeinsame braune Vergangenheit. Wohlleben sitzt heute als mutmaßlicher Unterstützer der Nazi-Terrorzelle NSU in Untersuchungshaft. Nicole Schneiders ist derzeit seine Verteidigerin.
Das alles und noch eine ganz andere rechtsextreme Vorgeschichte spielte sich in zwei Anwaltskanzleien in Stuttgart und Rastatt ab, die enger miteinander verflochten waren, als dem gleichfalls involvierten badischen Juristen und CDU-Mitglied Klaus Harsch (heute) lieb ist. Zwei seiner Juristen hat er letzten Freitag „mit sofortiger Wirkung“ die Bürogemeinschaft gekündigt.
Einer von ihnen, der Stuttgarter Scheidungsanwalt und Harsch-Kollege Steffen Hammer, war bis ins vergangene Jahr Sänger der rechtsextremen Band Noie Werte. Und kurz nachdem die Kontext:Wochenzeitung diese Zusammenhänge in öffentlichen Quellen gefunden und berichtet hatte, kam die nächste Enthüllung: Generalbundesanwalt Harald Range meldete bei seiner Jahrespressekonferenz vergangene Woche, dass die Terroristen der Zwickauer Zelle ein früheres Bekennervideo mit Musik von ausgerechnet jener Band unterlegt hätten. Beide Geschichten zusammengenommen waren der GAU. Von den rechtsextremen Skinheadgeschichten seines Kanzleikollegen will der CDU-Mann Klaus Harsch erst jetzt durch die Medien erfahren haben. Dabei brauchte es für diese Erkenntnis gerade mal ein paar Mausklicks im Internet. Dort steht das Material ganz offen seit Jahren.
Für die örtliche CDU nur noch peinlich
Schriftlich lässt Klaus Harsch wissen, er habe mit diesen Aktivitäten seines jetzt von ihm geschassten Exkollegen „nichts zu tun“ – „distanziere mich ausdrücklich“. Für die örtliche CDU im Badischen ist der Fall ihres Parteifreundes nur noch peinlich.
Was sollen die Unionschristen tun? Vor drei Jahren schon waren ihr Parteifreund und seine Anwaltskollegin mit ihrer NPD-Vergangenheit, der er heute noch die Treue hält, in die Schlagzeilen geraten. Damals hatten die beiden Juristen jede öffentliche Kritik an häufigen Neonazi-Mandaten erfolgreich vor Gericht verbieten lassen. Und jetzt platzt die neue Geschichte.
Angeblich liebäugelt manch badischer Unionschrist mit einem Parteiausschlussverfahren gegen den Juristen. Angeblich, das muss so betont werden, weil zwar manche örtlichen Medien darüber berichten, von der Partei aber auf Nachfrage bis dato kein offizielles Sterbenswörtchen dazu gesagt wird. Klaus Harsch tut es dagegen „leid, dass mein Umfeld unter medialem Druck steht“. Er selbst verortet sich „völlig auf der Linie des im Rahmen des christlich-demokratischen Spektrums üblichen politischen Meinungsfeldes“.
Eher unüblich ist das Meinungsfeld eines gewissen Aktionsbündnisses Rhein-Neckar – eines losen Zusammenschlusses unzweifelhaft neonazistischer Kameradschaften und Gruppen im Dreiländereck Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Hessen. Bis mindestens 2005 taucht in einem von Computerhackern veröffentlichten internen Internetforum dieses Bündnisses eine gewisse Nicole als „Frau in unserer Nationalen Bewegung“ und als Rechtsberaterin auf. Sicherheitsbehörden gehen davon aus, dass es sich dabei um die Rechtsanwältin Nicole Schneiders aus Harschs Kanzlei handelt.
Auch auf detaillierte Anfrage hat sich die Juristin bis dato zu ihrer möglichen Verbindung in dieses Netzwerk nicht geäußert. Nur so viel: Gehacktes Material sei durch eine Straftat bekannt geworden und deshalb „unverwertbar“. Nach ihrer „kurzzeitigen“ NPD-Mitgliedschaft sei sie parteilos gewesen. Was sagt eine solche Erklärung aber über die vermutete Nähe zu einem Neonazi-Netzwerk in der Folgezeit?
Die Internetpräsenz dieses Neonazi-Netzwerks wurde ausgerechnet von dem Mann betreut, den Nicole Schneiders heute verteidigt: ihrem früheren NPD-Vorsitzenden Ralf Wohlleben. „Braun werden ohne Sonne“, so haben sich die Aktivisten genannt. Die Kommunikation in dem Forum, zu dem sich die Rechtsanwältin nicht äußern will, gibt zahlreiche Hinweise auf Namen und Ereignisse, für deren Umfeld sich heute Terrorermittler interessieren – Konzerte wie das sogenannte Fest der Völker in Jena, für das sich jene Nicole angekündigt hatte („freu mich schon“). In den Papieren taucht das sogenannte Braune Haus in Jena auf. Oder jener Neonazi André K., für den sich gleichfalls Ermittler im Umfeld der Terrorzelle interessieren. Viele noch ungeklärte Fragen bleiben.