: Brauner Kehrer bald ohne Schlot?
Weil er für die NPD im Kreistag sitzt, soll ein Schlotfeger in Sachsen-Anhalt Kehrbezirk verlieren. Politologe Butterwegge: Müssen uns an NPD-Parlamentarier gewöhnen
MAGDEBURG/HALLE epd/ap ■ Sachsen-Anhalt will einem Schornsteinfeger wegen politischer Tätigkeit für die rechtsextreme NPD den Kehrbezirk entziehen. „Das ist ein Präzedenzfall, wir halten das aber für zulässig“, zitiert die Mitteldeutsche Zeitung den Wirtschaftsminister des Landes, Reiner Haseloff (CDU). Dem Schornsteinfeger Lutz Battke aus Laucha (Burgenlandkreis) solle zu Jahresanfang ein solcher Bescheid zugestellt werden.
Laut Innenstaatssekretär Rüdiger Erben (SPD) ist der Handwerker zwar kein Mitglied der NPD, gehört aber deren Kreistagsfraktion an und gilt in der Region als „einer der führenden Köpfe der Rechtsextremen“. Nach Angaben der Zeitung ist Battke auch Stadtrat in Laucha und betreut den Fußballnachwuchs im Sportclub BSC 99.
Durch das Kehrmonopol habe der Handwerker ein ähnliches Treueverhältnis zum Staat wie ein Beamter, begründete Haseloff die Position der Landesregierung. Dem widerspreche aber Battkes Engagement als Rechtsextremist. „So einen wollte ich bei mir zuhause nicht reinlassen, müsste es aber. Der Staat muss den Bürgern so etwas ersparen.“
Kritik am Kehrverbot äußerte Christian Tietje, Professor für öffentliches Recht an der Universität Halle-Wittenberg. Das Vorgehen der Landesbehörden führe zu verfassungsrechtlichen Problemen. Denn damit werde das Grundrecht auf freie Meinungsäußerung beeinträchtigt. „Die NPD ist nicht verboten. Solange das nicht der Fall ist, müssen alle Parteien gleich behandelt werden“, sagte der Jurist.
„Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Gericht den Widerruf aufhebt“, räumte auch Wirtschaftsminister Haseloff ein. Von den Bürgern könne aber kein entschlossenes Handeln gegen Rechtsextreme gefordert werden, wenn sich die Politik „auf formaljuristische Bedenken“ zurückziehe. Das Land Sachsen-Anhalt steht seit Monaten wegen einer deutlichen Häufung von rechtsextremen Vorfällen, aber auch wegen Nachlässigkeiten in der Bekämpfung des Rechtsextremismus in der öffentlichen Kritik.
Ein Politologe der Uni Köln hat unterdessen die Befürchtung geäußert, „dass die Wahl der NPD zu einer ganz normalen Option geworden ist, in der man weder etwas Anrüchiges noch etwas Besonderes sieht“. Christoph Butterwegge vom Kölner Fachbereich für Erziehungswissenschaft warf den demokratischen Parteien vor, sie hätten nicht nur beim Lösen sozialer Probleme, sondern auch im Kampf gegen den Rechtsextremismus versagt. „Ich fürchte, wir werden in Zukunft mit rechtsextremen Parlamentariern leben müssen. Zwar gelang es bisher nur wenigen Fraktionen, eine Wahlperiode ohne Abspaltungen und Zerwürfnisse zu überstehen. Aber es gibt vor allem bei der NPD eine spürbare Professionalisierung der Parlamentsarbeit.“