: Wie ein Passant in Charleston zufällig zum Helden wurde
USA Der Filmer der Todesschüsse in South Carolina wollte sein Video zunächst vernichten
BERLIN taz | Im Fall des in South Carolina von einem Polizisten von hinten erschossenen Walter Scott hat sich jetzt der Passant zu Wort gemeldet, der mit seinem Handy das Video der tödlichen Schüsse aufgenommen hatte. Der 23-jährige Feidin Santana, ein dominikanischer Einwanderer, war auf dem Weg zu dem Friseursalon, in dem er arbeitet, als er auf der anderen Seite des Zauns, der seinen Weg begrenzte, Geräusche hörte. Er sah ein kleines Handgemenge zwischen einem Polizisten und einem Schwarzen, in dessen Verlauf der Polizist den Schwarzen mit seinem Elektroschocker angriff. Der Polizist habe die Situation unter Kontrolle gehabt. Als er das sah und Scott vor Schmerz schreien hörte, brach er sein Handytelefonat ab und begann zu filmen, berichtete er einem Reporter des Senders MSNBC.
Nachdem er die tödlichen Schüsse gefilmt hatte, bekam er Angst und überlegte, das Video zu vernichten. Aber als er die Darstellung der Polizei hörte, der Polizist sei angegriffen worden und habe in Notwehr gehandelt, habe er sich an die Familie des Getöteten gewandt.
Am Rande eines Totengottesdienstes habe er den Bruder des Getöteten angesprochen und ihm in dessen Auto das Video gezeigt. Einen Tag später und nach Absprache mit den Anwälten der Familie Scott übergab er das Video, das dann auch in der Presse veröffentlicht wurde und zur Festnahme des Polizisten und zur Mordanklage führte.
Seither sei er im Netz mit Lob und Dank überschüttet worden, viele würden ihn als „Helden“ bezeichnen, der den Mut gehabt habe, das Richtige zu tun. Sogar Spendenaufrufe für ihn kursierten im Netz.
Unterdessen hat der Bürgermeister von North Charleston Konsequenzen angekündigt. Noch am Mittwoch kündigte er an, Minikameras zu kaufen, die die rund 350 Polizisten der Gemeinde künftig an ihrer Uniform tragen sollen. Erfahrungen in anderen Gemeinden der USA mit solchen Kameras haben gezeigt, dass die Anzahl polizeilicher Übergriffe deutlich zurückging. Das anfängliche Unbehagen von Polizisten den Kameras gegenüber habe sich auch gelegt, seit sie gemerkt hätten, dass die Aufnahmen sie auch bei unberechtigten Vorwürfen entlasten.
Inzwischen sind in den US-Medien auch Berichte aufgetaucht, über den nunmehr angeklagten 33-jährigen Polizisten Michael Slager habe es bereits mehrfach Beschwerden wegen exzessiver Gewaltanwendung gegeben. So erzählte ein Anwohner der Agentur AP, Slager habe 2013 im Morgengrauen an seine Tür gehämmert, ihn trotz erhobener Arme mit dem Elektroschocker verletzt und ihn dann vor seiner Tür auf den Boden geworfen. Slager war auf der Suche nach einem anderen Mann gleichen Namens – die Zeugen, die der Polizei dessen Beschreibung gegeben hatten, warteten in einigem Abstand, doch auf ihre Rufe, dass es sich um den falschen Mann handele, habe Slager nicht reagiert. Die Polizeiführung kündigte an, die Vorwürfe zu prüfen.
BERND PICKERT