Obs noch mal was wird?

■ Quotierung bei der SPD / Heute endlich soll die Satzungsänderung im Vorstand beraten werden / Zeitplan um vier Jahre verschoben

Von Mechthild Jansen

Endlich hat das SPD–Präsidium seinen Vorschlag zur Quotierung beschlossen. In mehreren Stufen sollen die Parteifrauen zu mindestens 40 Prozent an den Ämtern auf allen Ebenen beteiligt werden. Heute sollen die Vorschläge auf einer Sitzung des Vorstands beraten werden. Nachdem Grüne und CDU längst ihre je eigenen polit–feministischen Kunststücke aufgeführt hatten, beschloß auch die SPD im August 1986 auf ihrem Nürnberger Parteitag, ihre Angst vor dem Verlust der Wählerinnen zuzugeben. 1990 sollen alle innerparteilichen Mandate und Funktionen zu 40 Prozent für Frauen quotiert sein, bis 1994 alle externen in Parlamenten und politischen Ämtern. Im August 87 sollte der Parteivorstand ursprünglich eine entsprechende Satzungsänderung beschlossen haben. Im September vertagte des Parteipräsidium seine Entscheidung erst einmal auf die vergangene Woche, bevor es seine Beratungsergebnisse nun an den Parteivorstand weiterleitet. Teile der neuen Führungsspitze mußten erst Gelegenheit finden, „Bedenken“ abzubauen und sich mit der Problematik besser vertraut machen zu lassen. Neben der neuen Bundesgeschäftsführerin Anke Fuchs, die jüngst durch eine Absage an „feministische Politik“ glänzte und dabei Ahnungslosigkeit über ihren Diskussionsgegenstand offenbarte, war aufgefallen, wie sich der stellvertretende Parteivorsitzende und gleichberechtigte Vorsitzende der Gleichstellungskommission Oskar Lafontaine wand. Er befürwortete Quotierung, „allerdings bei reibungslosem Übergang“. „Langfristig“ sei die Vertretung der Frauen entsprechend ihres Bevölkerungsanteils „notwendig“. Um das Tempo nicht unnötig zu beschleunigen, widmete er sich erstmals seinen „logischen und juristischen Bedenken“, die zu erkennen und lösen der Naturwissenschaftler den eigenen Genossinnen nicht zugetraut hatte. Als Haare in der Suppe entdeckte er die Unmöglichkeit, bei drei Delegierten einen Anteil von 40 Prozent zu errechnen, beim erwogenen „Reißverschlußsystem“ ein Ergebnis von 50 Prozent Frauen statt der beschlossenen 40 Prozent. Der Gleichstellungsvorsitzende gestand ein, „an der Diskussionsarbeit nicht beteiligt (gewesen zu sein) und das schlecht beurteilen (zu können)“. Es hilft ihm, ließ er bei einem Streitgespräch im Ollenhauerhaus wissen, daß „sich die angeblichen (!) Privilegien (der Männer) schon längst zum Schaden ihrer Nutznießer auswirken“. In der Organisations– und Gleichstellungskommission war lange Zeit darum gefochten worden, ob die Satzung nun im Sinne einer Soll– oder einer Muß–Bestimmung zu verändern ist. Vor allem den Druck von außen und die Wählerinnen–Stimmen im Auge, und weil alle den „ständigen Zoff der Frauen satt haben“, so meint die AsF–Vorsitzende Inge Wettig Danielmeier, hat sich das Präsidium nun zu einem Kompromiß durchgerungen. Es muß in Zukunft quotiert werden. Innerparteilich müssen alle Funktionen und Vorstandsplätze bis 1988 zu einem Drittel, bis 1994 zu 40 Prozent mit Frauen besetzt sein. Den Schwierigkeiten in den kleineren Untergliederungen soll Rechnung getragen werden, indem unterhalb einer bestimmten Mitgliederzahl die Muß– in eine Soll–Bestimmung umgewandelt und zugleich zu gezielter Werbung unter Frauen verpflichtet wird. Ob diese Grenze bei 50, 100 oder 150 Mitgliedern liegen soll, das ist jetzt zur Diskussion freigegeben. Für die Mandante zu Kommunal–, Länder– und Bundesparlamenten ist die Zeitspanne weiter gesetzt. 1990 sollen 25 Prozent, 1994 ein Drittel, 1998 mindestens 40 Prozent bei einem Ziel von möglichst 50 Prozent der Plätze mit Frauen besetzt sein. Die Verbindlichkeit dieser Beschlüsse soll nicht über Sanktionen, sondern mithilfe bestimmter Verfahrensrichtlinien garantiert werden. Die Vorstände sollen gehalten sein, mindestens so viele Vorschläge zu unterbreiten, daß die vorgeschriebene Quote eingehalten werden kann. Das Wahlverfahren würde vorschreiben, diesen Frauenanteil selbst dann als gewählt zu erklären, wenn die Kandidatinnen einen geringeren Stimmenanteil als männliche Konkurrenten erzielen. Das Gleichstellungsansinnen der SPD hat freilich immer noch manche Haken. Der Streit um die Form der Quotierung an der Par teispitze ist noch nicht ausgefochten. Da Plätze nicht geräumt werden sollen, soll die Zahl der stellvertretenden Parteivorsitzenden eventuell um zwei für Frauen erhöht werden, was freilich bislang keine Begeisterung ausgelöst hat. Der Zeitplan für die angestrebte allgemeine Quotierung ist gegenüber Nürnberg schon jetzt um vier Jahre nach hinten verschoben worden.