Leere Steuer-Versprechen

■ Anstatt zum Thema Steuerreform beteten und predigten die ErlöserInnen über „Lasten“

Ob die weltlich regierenden Bonner Christinnen und Christen recht taten mit ihrem Plan, die Steuern der BürgerInnen anders zu verteilen, ob die, die „zu große Steuerlasten zu tragen haben“, künftig gerechter davonkommen werden - das sollte gestern in der Schwachhauser Erlöserkirche aufgeklärt werden. Denn im gratis verteilten „Bremer Anzeiger“ hatte Erlöser-Pastor Reinhard Brose unter der dicken Überschrift „Nun haben wir sie endlich, die große Steuerreform“ Aufklärung versprochen und herzlich und werbewirksam eingeladen.

Unter den Mikrofonen von Radio Bremen II und vielarmigen elektrischen Kerzenleuchtern saß die kleine Gemeinde mustergültig aufmerksam. Rund 60 MethodistInnen „Schwestern und Brüder“, beim Hereinkommen eigens mit Handschlag und Gesangbuch versehen, und noch einmal 20 ChorsängerInnen füllten den kleinen, anheimelnden Saal.

Schon das Eingangsgebet hatte nichts mit der Steuerrform der Bundesregierung und mutmaßlich auch nichts mit dem umstrittenen Fliegerbenzin zu tun: Für die Alten im Pflegeheim der benachbarten Orleansstraße bat der Geistliche ebenso wie „für all die, die jetzt zur Ferienzeit im ermüdenden Stau auf der Autobahn stehen.“ Zur angekündigten Klärung der Frage, ob „eine bessere und zwar gerechtere Verteilung der Lasten“, wie in der Zeitung angesprochen, mit der Bonner Reform in Aussicht stehe, trug das gemeinsame Lied dann eher noch zur Verwirrung bei: „Selig seid Ihr, wenn Ihr einfach lebt, wenn Ihr Lasten tragt, wenn Ihr Unrecht spürt...“ Oder aber wendete sich das Lied an die Reichen, um ihnen schmackhaft zu machen, mehr Steuerlast zu übernehmen und die Bürde der anderen zu verrin gern?

„Traget einer des anderen Lasten, und so werdet ihr das Gesetz Christi erfüllen.“ Von diesen Worten des Apostel Paulus an die Galater sollen wir uns jedenfalls nicht vorschnell Erleichterung für uns selbst versprechen sondern umgekehrt: „Lastenträger zu sein für andere“, gelte es zu üben. Unser Vorbild „Jesus der Christus“ schließlich habe Kranke berührt, mit verachteten Minderheiten gespeist, mit Prostituierten gesprochen.

Die priesterlichen Worte blieben allgemein-dunkel, die Klärung der Steuerreform-Frage uneingelöstes Versprechen. Auch ein abschließendes „Politikerwort“ des farbigen US -Bürgerrechtlers Jesse Jackson „Nicht jeder kann berühmt sein, aber groß - denn Macht kommt vom Geben, nicht vom Nehmen“ ließ die Frage unbefriedigend offen, wie herum das Geben und Nehmen denn organisiert werden sollte, und ob die Bonner Christdemokratinnen nun recht taten. Susanne Paa