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DAS WAR IHR LEBEN

■ Über Warteschlangen und andere Zeitvergeudungen

Wie alt wir werden, läßt sich derzeit noch nicht ermitteln. Aber daß unsereiner fünf Jahre seines Lebens in Warteschlangen verschleudert, bei Tengelmann, Plus, bei der Post undsoweiter im Schnitt sechs Jahre beim Essen zubringt, vier Jahre beim Hausputz, acht Monate beim Lesen von Werbewurf-Sendungen und nochmals ein Jahr beim Suchen verlegter Gegenstände - das hat jetzt ein Zeitforscher mit Hilfe seiner Stoppuhr herausgefunden. Zwar in Amerika, aber selbstverständlich lassen sich diese Handlungen des Alltags, die man am liebsten auslassen möchte - vom Essen abgesehen auch auf Europa, auf Deutschland, auf Polen ganz besonders, auf überall dorthin verlagern, wo etwas, auf das man aus ist - wo andere vor einem stehen.

Stellen Sie sich vor, zwei komplette Jahre Ihres Lebens verschenken Sie oder haben Sie bereits verscenkt, indem Sie jemanden vergeblich telefonisch zu erreichen versucht haen!

DAS WAR IHR LEBEN, könnte es an Ihrem Grab heißen - frei nach der Fernsehserie - vier Minuten haben wir jeden Tat mit unserem Ehepartner gesprochen, der Unterhaltung mit unseren Kindern in 30 Sekunden entledigt - vorausgesetzt: wir waren, wir sind berufstätig.

Hätten wir denn gerne etwas nachgeholt oder von etwas abgelassen, wie jüngst von der Europameisterschaft? Vielleicht sollten wir häufiger durch Parkanlagen, die mit Sicherheit keine Ampelanlagen besitzen, fahren. Oder in Zukunft weniger essen oder schneller?

„Machen Sie die Kiste aus“, rät uns der Zeitforscher, „und verhalten Sie sich so, als ob Sie heute Abend eine Verabredung mit einem wichtigen Geschäftspartner hätten, wenn Sie es mit Ihrer Gemahlin bzw. Ihrem Gemahl nach Dienstschluß zu tun haben. Möglich, daß Sie dabei älter werden und weniger Zeit vergeuden wie bisher“.

Mit anderen Worten: Werden Sie kein durchschnittler US -Bürger. Denn die veraasen ihre Zeit mit Sinnlosigkeit.

Klaus Johannes Thies

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