piwik no script img

Spiel mit dem Tod

■ betr.: "Hoechst umstrittene Gentec genehmigt",taz vom 9.7.88

betr.: „Hoechst umstrittene Gentec genehmigt“,

taz vom 9.7.88

(...) Ich selbst bin seit vielen Jahren Diabetiker und muß morgens und abends Insulin spritzen. Im Juni 1986 wurde ich auf „Human-Insulin“ umgestellt. Und ab diesen Zeitpunkt war ich total „von der Rolle“. Während ich in all den Jahren zuvor bei Unterzuckerungserscheinungen (Hypoglykämie) durch Schweißausbrüche, Zittern, Unruhe etc. „vorgewarnt“ wurde und entsprechend dagegen Traubenzucker einnehmen konnte, waren diese Vorwarn-Symptome nach Umstellung auf Human -Insulin plötzlich nicht mehr vorhanden. Die Folge war, daß ich wie aus heiterem Himmel in tiefe Bewußtlosigkeit fiel und erst wieder in den verschiedensten Krankenhäusern aufwachte. Innerhalb eines Jahres war ich mit dem Notarztwagen zwölfmal in Krankenhäuser eingeliefert worden, nicht weil ich zu viel Zucker im Blut hatte, sondern weil zu wenig Zucker in meinem Blut war und deshalb die Energieversorgung des Gehirns zusammengebrochen war. Nur die schnelle Einlieferung ins Krankenhaus oder auch dem schnellen Erscheinen des Notarztes ist es zu verdanken, daß nicht nur bleibende Schäden verhindert werden konnten, sondern daß ich überhaupt noch am Leben bin.

Nachdem ich, nach Ablauf eines Jahres, dann wieder auf ein tierisches Insulin umgestellt wurde, war es mit diesen Katastrophen-Zuckerschocks vorbei. Ein Einzelfall war es nicht. Denn viele Ärzte in der BRD haben dieses Phänomen nach der Umstellung auf „H-Insulin“ beobachten können. Was mit „Modernisierung in der Diabetes-Therapie“ propagiert wird, nämlich die Umstellung von einem tierischen Insulin auf ein Human-Insulin, entpuppt sich als ein Spiel mit dem Tod. Mit anderen Worten, die pharmazeutische Industrie, die das Human-Insulin mit gentechnisch manipulierten Mikroben, das heißt auf chemisch-synthetischem Weg herstellt, kann nunmehr mit grünem Licht weiter die „Energieversorgung des Gehirns“ von vielen tausend Diabetikern abschalten. Sind das eigentlich die „Marktstrategien“ der pharmazeutischen Industrie? Die Antwort kann nur heißen: Sägt die Bonzen ab laßt die Bäume stehen!

Hajo Neumann, Kassel

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen