: Bundesrepublik fünftgrößter Waffendealer der Welt
■ Die Supermächte bleiben nach der Analyse des schwedischen Friedensforschungsinstituts SIPRI auch weiterhin die größten Waffenexporteure Bundesdeutsche Waffenschmieden machen Sprung nach vorn / Waffenverkäufe werden zunehmend verdeckt oder über den Schwarzmarkt ausgeführt
Stockholm (apf) - Die Sowjetunion und die Vereinigten Staaten waren auch im vergangenen Jahr wieder die größten Waffenexporteure weltweit: Sie bestritten 1987 allein zwei Drittel der Lieferungen von konventionellen Waffen. Zu diesem Ergebnis kommt das Internationale Friedensforschungsinstitut in Stockholm (SIPRI) in seinem Jahresbericht, der am Mittwoch in Stockholm veröffentlicht wurde. Dem unabhängigen, vom schwedischen Parlament finanzierten Institut zufolge betrug die Summe der Waffenexporte im Vorjahr 35,104 Milliarden Dollar (nach dem Devisenkurs von 1985).
Demzufolge kontrollierten die UdSSR und die USA im vergangenen Jahr 67,7 Prozent der gesamten Waffenlieferungen: Die Sowjetunion lag mit 34,9 Prozent und einer Gesamtsumme von 12,262 Milliarden Dollar (Kurs von 1985) vor den Vereinigten Staaten mit 32,8 Prozent (11,547 Milliarden Dollar). Frankreich blieb der drittgrößte Waffenlieferant (10,1 Prozent/3,573 Mrd. Dollar). In der von SIPRI aufgestellten Klassifizierung steht Großbritannien an vierter Stelle (5,1 Prozent/1,792 Mrd. Dollar), während die Bundesrepublik Deutschland - aufgrund einer Rekordsteigerung der Waffenexporte in die industrialisierten Länder - auf Platz fünf vorrückte (4,1 Prozent/1,444 Mrd. Dollar). Diese sechs größten Waffenexporteure - hinzu kommt China lieferten rund 90 Prozent der gesamten 1987 verkauften Waffen.
Zwei Drittel der Waffenexporte im vergangenen Jahr gingen in Länder der Dritten Welt, in einer Gesamthöhe von 24,7 Mrd. Dollar gegenüber 21,7 Mrd. Dollar im Jahr zuvor. Diese 13,8prozentige Steigerung begründet sich nach Angaben des Stockholmer Instituts durch die bedeutenden Lieferungen von Kampfflugzeugen seitens der USA und UdSSR, die auf Aufträge aus dem Jahr 1980 zurückgehen. So verkaufte die Sowjetunion 39 Prozent (9,697 Mrd. Dollar) seiner Exporte an Staaten der Dritten Welt, vor allem an seinen größten Kunden Indien, während die USA 23,5 Prozent in diese Länder exportierten. Zum größten Waffenimporteur wurde im vergangenen Jahr Indien mit der Rekordzahl von 5,246 Mrd. Dollar gegenüber 2,695 Mrd. Dollar im Jahr zuvor.
Der Weltwaffenhandel nahm laut SIPRI im vergangenen Jahr unerwartete Wege. So erhöhten sich die „kleinen Verträge“ deutlich. Diese Kontrakte würden oft nicht publik gemacht und seien deswegen von den Experten schwieriger aufzudecken. In einigen Staaten, beispielsweise Liberia und Uganda, führten sie nach Angaben des Instituts zu einer bedeutenden Verstärkung des militärischen Potentials. Auch habe sich der „Schwarzmarkt“ vor allem mit Südafrika, Iran und Irak verstärkt. Diese teilweise sehr geheimgehaltenen Lieferungen hätten 1987 zum Jahr der „Skandale“ gemacht. Nach den USA habe nun auch Europa sein „Irangate“: in Frankreich die Affäre Luchaire SNPE, in Schweden Bofors, in Italien Valsella, in Österreich Noricum. Auch in Belgien, der Bundesrepublik, den Niederlanden, Großbritannien, Spanien und Portugal hätten die Skandale auf verschiedene Art zu Eklats geführt.
Für Rüstung gaben die Vereinigten Staaten, Frankreich und Großbritannien die größten Summen aus. Jedoch müssen die Angaben relativiert werden, weil sie die Ausgaben der Sowjetunion, China, zahlreicher Staaten des Nahen Ostens, Afrikas und Lateinamerikas nicht berücksichtigen. Der Direktion des Instituts zufolge, das nur auf verfügbare Quellen zurückgreift, basieren die Zahlen zahlreicher Staaten oft auf Schätzungen aus dem Ausland, die nicht die tatsächliche Höhe der Kosten angeben.
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