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Umweltbehörde verführte Umweltsünder

■ Über zwei Jahre Haft für Umweltsünder / Bislang höchste Strafe / Umweltbehörde verleitete ihn durch zögerliches Vorgehen zu illegalem Tun

Das bislang härteste Urteil in einem Berliner Umweltstrafverfahren wurde gestern vom Landgericht gegen einen 50jährigen Spandauer Schrottplatzbetreiber verhängt. Das Gericht verdonnerte ihn zu zwei Jahren und zwei Monaten Haft wegen wiederholter umweltgefährdener Abfallbeseitigung und unerlaubten Betreibens einer Abfallentsorgungsanlage sowie versuchter Gewässerverunreinigung und Nötigung. Das Urteil wurde nicht zur Bewährung ausgesetzt, weil der Angeklagte zuvor bereits dreimal wegen ähnlicher Umweltsauereien auf seinen Schrottplätzen bestraft worden war. Der Angeklagte habe sich „mit bemerkenswerter Bedenkenlosigkeit über Umweltbelange hinweggesetzt“, hieß es in der Urteilsverkündung. Deutliche Worte aber auch an die Umweltbehörde: So sei der Angeklagte zu seinem umweltschädigenden Verhalten von den Behörden geradezu verleitet worden, weil diese „nur äußerst zögerlich“ vorgangen seien. Denn obwohl den Behörden das Verhalten des Angeklagten bekannt war, kam das Verfahren erst durch zwei Polizeibeamte in Gang, die den Angeklagten wegen einer Verkehrssache auf den Schrottplatz aufgesucht hatten. Der Staatsanwalt hatte drei Jahre und vier Monate Haft sowie ein vierjähriges Berufsverbot gefordert.

Auf den an der „Freiheit“ in Spandau gelegenen Grundstücken des Angeklagten herrschten nach Feststellung des Gerichts desolate Zustände. Mehrere Unternehmen nutzten die Flächen als Lager- und Umschlagplatz für Industrie- und Hausmüll, für Autowrackteile sowie zum Zerkleinern von Schrott, ohne daß eine Genehmigung zum Betreiben einer Abfallentsorgungsanlage vorlag. Die Wracks wurden mehrfach übereinandergestapelt, auf versickertes Öl und Kühlflüssigkeit wurde nur Sand gestreut, Mineralöl wurde in Tanks ohne Auffangwannen gelagert, LKWs wurden ohne Schutzvorrichtungen betankt. Des Industriemülls entledigte sich der Angeklagte, indem er ihn als Bauschutt getarnt billig auf eine Bauschuttkippe schaffte. „Schmalz für Mumpe“ lautete das Codewort für die Raupenfahrer, die zehn bis 30 Mark Bestechungsgeld pro Ladung bekamen. Auf diese illegale Weise machte sparte der Angeklagte nach Schätzung des Gerichts von 1983 bis 1986 über 22.000 Mark ein.

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