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Schülerprotest gegen Laurien

■ Über 600 SchülerInnen der Rheingau-Oberschule nahmen gestern an einer VV teil / Streit um Unterrichts-Boykott

„Nicht mit uns, Hanna!“ antworten die Schüler der Rheingau -Oberschule in Friedenau per Transparent der Schulsenatorin Laurien. Diese will nämlich die von den Lehrern erstrittene Arbeitszeitverkürzung nur zu einmen Teil durch Neueinstellungen abfedern. Der andere Teil der eingesparten Arbeitszeit soll einfach durch eine Kürzung der Stundentafel wegfallen, daß heißt, die SchülerInnen erhalten einfach weniger Unterricht. „Für uns bedeutet das“, sagt eine Schülerin, „daß wir mit weniger Unterricht das gleiche lernen müssen. Und die Lehrer sind ja bisher durch den Rahmenplan schon so unter Druck, daß für Diskussionen oder aktuelle Themen überhaupt kein Platz ist! Und das wird dann noch schlimmer!“ Gestern nun hatten die SchülerInnen einen Aktionstag und eine große Vollversammlung angesetzt. Nachdem in den ersten beiden Stunden in allen Klasssen informiert und diskutiert wurde, machten sich die SchülerInnen in Arbeitsgruppen daran, weitere Aktivitäten zu planen. „Wir haben einen Brief an die Eltern geschrieben, damit die auch wissen, was hier abläuft“, erzählt ein Elft-Kläßler. „Denn es geht ja nicht darum, Schule zu schwänzen, sondern darum, daß wir in Zukunft besseren Unterricht von qualifizierten Lehrern bekommen.“ In einem Protestbrief an Laurien fordern sie, „ab sofort in die Diskussion einbezogen zu werden.“

„Wo hier die letzten zwei Jahre lang sich fast nichts bewegte, finde ich es irre, welches Interesse jetzt da ist“, freut sich ein Sprecher der Schülervertretung (SV). Rund 600 waren zur Vollversammlung gekommen, die Aula war voll. Ein ehemaliger Schüler des Gymnasiums, der jetzt an der FU studiert, berichtete kurz vom StudentInnen-Protest an den Unis. Als er von der Austrocknung der Faschismusforschung bei den Historikern sprach, kam der Zwischenruf: „Was hat denn das mit uns zu tun?!“ „Jede Menge“, konterte ein Sprecher der SV und machte die Parallelen deutlich: „Denn Faschismus wird bei uns jetzt nicht mehr als Prüfungsthema fürs Abi zugelassen!“ Dennoch machten die Schüler schnell klar, daß sie sich keinesfalls als Anhängsel des StudentInnen-Protestes verstehen wollen. „Wir haben eigene Forderungen, die wir auch selbständig verteten wollen“, so eine Schülerin. „Außer gegen die Verkürzung der Stundentafel wollen wir mehr Lehrer, damit wir in kleineren Klassen lernen können. Und natürlich geht es uns auch um die Rücknahme der im letzten Jahr beschlossenen Abi-Deform.“

Der Kommissarische Rektor der Schule, Herr Klaus, sieht die Vollversammlung „selbstverständlich positiv“. „Die rationale und sachbezogene Diskussion ist ein Recht der Schüler“, so der Rektor, „was ich aber nicht will, ist Aktionismus mit Alibi-Funktion.“ Doch genau über die weiteren Aktionsformen gab es bei den versammelten Schülern Streit. „Wir dürfen es doch nicht damit bewenden lassen, Briefe zu schreiben!“ rief ein Redner und wies darauf hin, daß an anderen Schulen die SchülerInnen den Unterricht boykottieren würden. Klar jedoch ist, daß am kommenden Dienstag ein Aktionstag in der Schule stattfinden soll.

Bert Hoffmann

Heute um 14Uhr ab Wittenbergplatz: große Demo von Schülern und Eltern.

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