: Betriebsärzte für die Ämter
■ Gesetz sieht seit 15 Jahren die Einrichtung von „Betriebsärzten“ vor / Für die bremische öffenliche Verwaltung werden die Stellen nun erstmals mit zwei Frauen besetzt
Vor 15 Jahren verkündet, soll eine gesetzliche Vorschrift nun auch in der bremischen Verwaltung angewendet werden. Das Arbeitssicherungsgesetz verpflichtet den öffentlichen Dienst, Betriebsärzte und Fachkräfte für die Arbeitssicherheit zu bestellen. Im Februar sollen zwei Arbeitsmedizinerinnen ihre Arbeit im Gesundheitsamt aufnehmen, eine weitere Stelle ist vakant.
Zuständig ist dieser gesundheitliche Dienst für alle Büros, aber auch für die öffentlichen Betriebe der Stadt Bremen, zum Beispiel das Klärwerk Seehausen. Dort, so berichtet der Personalrat Röhrs, leiden die Kollegen regelmäßig unter starker Übelkeit und Magenbeschwerden, wenn sie nach Urlaub oder Unterbrechung mit ihrer Arbeit beginnen. Der Krankheitsstand liegt bei ca. 35%. „Und keiner kann uns erklären, woher das kommt und was das für Folgen hat“, beklagt sich Röhrs. Zuständig wäre - der Betriebsärztliche Dienst, den es bisher nicht gab. So wurden die kranken Arbeitnehmer zum Amtsarzt geschickt. Ein Fachmann ist notwendig, der die möglichen, von
Arbeitsprozessen verursachten Gesundheitsschäden erkennt und den öffentlichen Arbeitgeber beraten kann.
Der zuständige Senatsdirektor Fritz Dopatka hat eine Erklärung dafür, daß die gesetzlich vorgeschriebenen Stellen seit Jahren nicht besetzt sind: Es fehlt auf dem Arbeitsmarkt an Spezialisten mit einer entsprechenden arbeitsmedizinischen Fachausbildung. Außerdem sei im privatwirtschaftlichen Bereich bedeutend mehr zu verdienen.
Anders als in der Wirtschaft, wo das Interesse groß ist, die Ausfälle wegen Krankheit und die damit entstehenden Kosten möglichst schnell zu senken, besteht in der Verwaltung offensichtlich kein so dringender Handlungsbedarf: Selbst in Betrieben wie der Kläranlage scheint man sich an den hohen Krankenstand gewöhnt zu haben.
Nur die Klinikbetriebe in Bremen haben den bundesüblichen Standard der betriebsärztlichen Versorung erreicht und der gesetzlich vorgeschriebene „Arbeitsschutzausschuß“ tagt und handelt in Bremen vorschriftsmä
ßig. Dagegen liegt die Situation besonders bei den Beschäftigten im Amt für Stadtentwässerung und Stadtreinigung und bei den Bauämtern besonders im argen. Das führte bereits 1985 zu einer Initiative des Personalrates, die ebenso wie andere Vorstöße keinen Erfolg hatten. Erst ein 1987 verabschiedeter Stufenplan zur Bildung eines „ressortübergreifenden Dienstes“ führte im letzten Jahr zu Einstellung einer vorher bei der DDR-Reichsbahn beschäftigten Betriebsärztin, Frau Dr. Körner. Für die Leitung wird die derzeit an der Universität in diesem Fachgebiet arbeitende Professorin Gine Elsner eingestellt. Beiden Frauen fehlen allerdings bislang noch die für die Anerkennung als Betriebsärztin notwendige Papiere. Für die dritte Stelle will der Personalrat des Stadtplanungsamtes die umgekehrte Quotenregelung angewendet wissen. Er gibt männlichen Bwerbern den Vorzug, da der überwiegende Teil seiner KollegInnen männlichen Geschlechts sei, die sich lieber von einem Mann untersuchen lassen. G. Wibelit
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