piwik no script img

Weiche Quote auf harten Stein

■ Zweiter Gesetzentwurf Bremer Bürgerschaftsfraktion: harte Parität nur für Ausbildungssektor, sonst konkret angemessene Frauenpläne / SPD-Landesvorsitzende Ilse Janz ist über grünen Alleingang sauer

Das Fortschreiten der Quotierung hält sich an Lenins „Ein Schritt vor, zwei zurück“. Zur gleichen Zeit, in der die StudentInnen die harte Quotierung zur zentralen Forderung der Unibesetzung machen, rücken die Bremer Grünen, die schon etwas länger mit dem Problem umgehen, von ihr ab. Mitte Januar legten die Juristinnen Ulrike Fritsche und Marion Malzahn im Auftrag der Bürgerschaftsfraktion den„Entwurf eines Gesetzes zum Abbau der Benachteiligung von Frauen im Öffentlichen Dienst im Lande Bremen“ vor. Es ist der zweite Versuch.Im ersten Entwurf hatte im Juni 1988 die Juristin Heike Dieball formuliert. „Liegt eine Unterrepräsentation von Frauen vor, so muß jede zu besetzende Stelle in diesem Bereich mit einer Frau besetzt werden“.Und: „Eine Unterrepresentation von Frauen liegt vor, solange der Frauenanteil...unter 50 v. Hundert liegt.“

Dieses innerparteilich heftig kritisierte „Männer-Auschluß -Gesetz“ (Ralf Fücks) mit dem Fundi-Touch wurde von der Fraktion kritisch, vom Landesvorstand und von der Mehrheit der Frauengruppe positiv berurteilt. Juristisch -feministische Beratung stimmte aber allmählich selbst die Frauengruppe bedenklich, und ein Vierer-Ausschuß aus Landesvorstand und Fraktion (Dieter Mützelburg, Brunhilde Wilhelm, Maria Spieker, Helga Trüpel) formulierte Einwände. Der Entwurf, so Helga Trüpel zur taz, bleibe in dem Bemühen'gesellschaftliche Utopie per Gesetz

zu verwirklichen, plakative Verkündigung dessen, „was Frauen wollen und sollen“. Maria Spieker: „Wenn man nicht den Prozeß, den Weg beschreibt, wie die Frauen die 50 % erreichen können, dann fehlt mir dabei ein Stück Verantwortlichkeit.“

Am 28.November gab die Fraktion das Gesetzes-Gutachten in Auftrag, das jetzt vorliegt und den Weg durch Fraktion (6.2.) und Landesmitgliederversammmlung (13.2.) gehen wird. Die Fraktion bestand aus einer Stimme, der der Abgeordneten Trüpel, allen anderen war der Tagessordnungspunkt zu heiß oder zu kalt geworden.

Was also steht drin? Ulrike Fritsche und Marion Malzahn erhalten die harte Quote für den Ausbildungsbereich aufrecht und empfehlen sie auch für die Übernahme der Azubis in Beschäftigungsverhältnisse. Für Stellenbesetzungen, Beförderungen etc. aber wird die Parität zwischen Frauen und Männer als Ziel vorgegeben, aber die Entwicklung von spezifisch auf die einzelnen Arbeitsfelder zugeschnittenen Quoten durch die einzelnen Dienststellen mit den Personalräten verlangt.

„In diesen Plänen“, über die jeweils nach zwei Jahren berichtet werden soll,“ ist zu regeln, in welchen Zeiträumen und in welchen Stufen, bezogen auf die verschiedenen Tätigkeitsgruppen, Lohn-Gehalts-und Besoldungsgrußpen und Funktionsebenen die jeweils angestrebte Quote erreicht werden soll.“

Ansonsten haben die beiden JuristInnen, die schon der RFFU -Gewerkschaft einen Antidiskriminierungs-Mustertarifvertrag entworfen haben, ihre Gehirnwindungen in die Detailteufelchen gesteckt. Z.B. darauf, daß bei allen Stellenbesetzungen auf Altersbegrenzungen verzichtet

wird, daß bei Bewerbungen nur über Anforderungen geredet wird, die sich aus der zu besetzenden Stelle ergeben und nicht über Gott-weiß-welche-Meriten; daß Teilzeitbeschäftigungen nicht nachteilig bewertet werden, auch nicht bei Führungspositionen. Zeiten der Betreuungs-und Pfle

gearbeit in der Familie, aber auch in nichtehelichen Lebensge- meinschaften sollen „Sofern ein fachlicher Zusammenhang mit dem zu besetzenden Arbeitsplatz besteht“ als fachliche Leistung, bzw. als Eignung positiv berücksichtigt werden. Alles keine Wunderheilmittel, sondern Ar

gumentationshilfen. Die im Hamburger GAL-Entwurf vorgesehenen gewählten Frauenbeauftragten lehnen Fritsche/Malzahn ab, weil sie, -auch Frauen - spalten. Sie empfehlen, über getrennte Frauen- und Männerwahllisten bei Personalratswahlen nachzudenken.

Der Entwurf traf vorweg auf die Kritik von Ilse Janz, der neuen SPD-Parteivorsitzenden. Im Unter-zum parlamentarischen Auschuß zur Gleichberechtigung der Frau kritisierte siedas Aus-der-Reihe-Tanzen der Grünen. Die SozialdemokratInnen wollen nämlich selber einen Quotierungsgesetzentwurf für das Land Bremen vorlegen, der hängt aber noch in der Gleichstellungsstelle fest. Dem Appel zu abwartender Gemeinsamkeit mit SPD-Frauenpolitikerinnen, die grundsätzlich jeden Antrag der CDU-Frauen ablehnten, wollten die Grünen Frauen nicht folgen. Helga Trüpel: „Wir sollen alles gemeinsam machen, damit sie sich damit profilieren, und wenn wir da nicht mitspielen, dann sind wir böse, böse, böse.“ Und:„Unter dem Vorwand, daß wir Frauen zusammenhalten müssen, wird da inhaltlichen Vorstellungen jede Spitze abgehauen.“

Uta Stolle

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen