: Ehrenmann Brückner
■ Der Zeuge Ex-Senator versteht den Ausschuß nicht: Nur Besserwisser können Zweifel an seiner Amtsführung hegen
Herbert Brückner ist weder korrupt noch kriminell. Das bescheinigte der Vorsitzende im St.-Jürgen-Ausschuß, Andreas Lojewski, dem Zeugen Brückner gestern ausdrücklich. Brückner hatte dem Ausschuß heftig übelgenommen, daß er seinen ehemaligen Amtsvertreter Hans-Helmut Euler ausdrücklich vom Verdacht krimineller Machenschaften freigesprochen hatte, ihm aber eine solche „Ehrenerklärung“ vorenthalten worden sei. Gestern bekam Brückner, was er anscheinend brauchte.
Allerdings: Die süffisante bis peinliche Erklärung hinderte den Ausschuß nicht, Zweifeln an Brückners Amtsführung nachzugehen. Zum Beispiel der Frage, warum Brückner nicht den dringlichen Hinweisen auf „die mehr als merkwürdigen Vorgänge“ im Beschaffungswesen der St.-Jürgen-Klinik nachging, die ihm ein Mitarbeiter der Einkaufsabteilung bereits 1983 gegeben hatte.
Die Mühe eines kompletten Vormittags hätte sich der Ausschuß auch sparen können: Statt sachdienlicher Aufklärung demonstrierte Brückner vor allem
Mühe, die Frage überhaupt zu verstehen. Für ihn war es rückblickend ein ganz „normaler Vorgang“, den Galla-Kritiker auf den Dienstweg zu verweisen, also an Galla, und den „beklagten“ Verwaltungsdirektor zum Richter in eigener Sache zu ernennen. Daß dem Ausschuß seine Zweifel an Brückners damaligem Vorgehen partout nicht auszureden waren, konnte Brückner sich nur damit erklären, daß „der Untersuchungsausschuß ja immer glaubt, alles besser zu wissen“.
Selbst besser Bescheid wissen will Herbert Brückner, ehe er zu Tatsachen Stellung nimmt, die die Ausschußmitglieder gestern aus der taz erfahren konnten. Danach gab es neben dem Kandidaten Galla auch eine ganze Reihe hochqualifizierter Bewerber um den Posten des Klinik -Direktors. Die entsprechende Bewerberliste liegt seit gestern auch den Ausschußmitgliedern vor. Bevor Brückner sich zu der Frage äußert, warum keiner der auswärtigen Bewerber auch nur zu einem Vorstellungsgespräch geladen wurde, will er selbst noch einmal in alten Akten stöbern.
K.S.
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