: Kirche: Duarte soll verhandeln
■ El Salvadors Erzbischof Rivera fordert Überdenken der ablehnenden Regierungshaltung zum Friedensvorschlag der Guerilla / FMLN habe Politik substantiell geändert / Der Krieg geht weiter
San Salvador (afp) - Die katholische Kirche El Salvadors hat Regierung und Parteien aufgefordert, ihre ablehnende Haltung gegenüber dem jüngsten Friedensvorschlag der linksgerichteten Guerilla zu überdenken. Der Erzbischof von San Salvador, Arturo Rivera, bezeichnete den Vorschlag der Rebellen, in dem diese erstmals eine Anerkennung des Wahlergebnisses in Aussicht stellten, als eine Tür, die man nicht zuschlagen sollte.
Nach Einschätzung des Erzbischofs handelte es um eine substantielle Änderung in der Politik der Nationalen Befreiungsfront Farabundo Marti (FMLN). Rivera gestand in seiner Sonntagsmesse ein, daß der Plan auch einige unanehmbare Details enthalte, aber gerade deshalb sei es wichtig, weiterhin nach einen friedlichen Weg aus dem blutigen Konflikt in El Salvador zu suchen, der seit 1980 über 65.000 Menschenleben forderte.
El Salvadors christdemokratischer Staatspräsident Napoleon Duarte hatte den Vorschlag in der vergangenen Woche als „verfassungswidrig“ abgelehnt. Die US-Regierung, die Duarte in der Vergangenheit massiv im Kampf gegen die Rebellen unterstützt hatte, reagierte dagegen verhalten positiv. Der Sprecher des US-Außenministeriums, Charles Redman, meinte, die Initiative verdiene eine ernsthafte und eingehende Prüfung. Die Rebellen hatten vorgeschlagen, die für März vorgesehenen Präsidentschaftswahlen auf September zu verschieben und zugesagt, sich in diesem Fall an dem Urnengang zu beteiligen und das Ergebnis als legitim anzuerkennen.
Die Guerilla in El Salvador hat eine Serie von Bombenanschlägen in der Hauptstadt verübt und den Gouverneur des Departements Usulutan umgebracht. Die Sprengsätze explodierten am Samstag vor der Wohnung der Mutter von Verteidigungsminister Eugenio Vides und eines Armeeoffiziers sowie an Strommasten und Telefonzellen. Am selben Tag bekannte sich die Guerilla über ihren Sender „Radio Venceremos“ zum Mord an dem christdemokratischen Gouverneur von Usulutan, Ernesto Flores, der am Freitag morgen in seinem Haus 110 Kilometer östlich der Hauptstadt erschossen worden war. Der 40jährige Provinzchef und Generalsekretär der regierenden Christdemokraten im Departement war der ersten Gouverneur, der einem Attentat der Rebellen zum Opfer fiel. In der Öffentlichkeit El Salvadors hielt am Wochenende die Diskussion über den jüngsten Friedensvorschlag der FMLN an. Der ehemalige christdemokratische Kultusminister und Präsidentschaftskandidat der von der Regierungspartei abgespaltenen „Authentischen Christlichen Bewegung“ (MAC), Julio Rey Prendes, nannte das Angebot sinnvoll und kritisierte, daß Duarte es ungeprüft als „verfassungswidrig“ abgelehnt habe.
Der Vorsitzende der unabhängigen Menschenrechtskommission, Reynaldo Blanco, warnte vor einer „Explosion sozialer Unruhen“, wenn die Regierung den Friedensplan nicht annehme. Die Armeeführung beriet am Freitag über das Angebot der Guerilla.
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