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Häßliches Hamburg

 ■ S T A N D B I L D

(Hamburg, wir gratulieren... Sonntag, 20.20 Uhr, ARD) Es gibt Momente, da möchte man vor Scham in die Erde kriechen, obwohl man alleine vor der Glotze sitzt. Es ist eigentlich lächerlich, aber: Ich schäme mich für das, was die ARD, der bislang größte und freieste Fernsehsender auf deutschem Boden, uns Hamburgern angetan hat. Nestbeschmutzung ist gar kein Ausdruck. Dümmer, miefiger und peinlicher läßt sich ein werbespotmäßiger „Bilderbogen“ kaum produzieren.

Stellen Sie sich mal vor, sie hätten den Auftrag, mit volkstümlicher Kultur eine von Touristen gern gemiedene Stadt bundesweit populär zu machen. Stellen Sie sich vor, Ihre Zielgruppe seien nicht allein RentnerInnen, würden Sie dann Freddy Quinn, Heidi Kabel, Ilse Werner, Uwe Friedrichsen, Mike Krüger, Edgar Hoppe, Udo Lindenberg und Heinz Reincke aufbieten? Mir kommt noch beim Schreiben das Kotzen. So viel Häßlichkeit auf einem Haufen hab‘ ich selten gesehen. Nehmen wir nur Heidi Kabel, von der ARD per Ohnesorg-Ausstrahlungen als ältliches Doris-Day-Pendant verkauft. Mein Gott, was tut man damit Doris Day an! „Hammonia, bleib wie Du bist und schenk uns Deinen Segen“, plärrt die Dame Kabel schunkelnd vom Segelschiff mit bundesmariniertem Zerstörerhintergrund und schwärmt in fast demselben Atemzug von „Schmidt Schnauze“.

Heinrich Heine hat in seinen demaskierenden Spottversen auf Hamburg, auf die moralisch verrotteten Kaufleute, auf „die Bank als silberne Seele der Stadt“, mehr Liebe ausgedrückt als der nuschelnde Gruftie Lindenberg mit seinem Ein letztes Ahoi. Der Wiener Freddy Quinn, längst Tantiemen -Hamburger, wirkte dagegen fast liebenswürdig. So, als würde er lediglich Heizdecken bei einer Butterfahrt an hilflose Alte verscheuern.

90 Minuten lang saß ich fassungs- und verständnislos vor dem Fernseher. Kein aufklärendes oder anregendes Wort, kein Bild, das unter die Haut ging. Historie als Modenschau auf Pflastersteinen (nachgestellter Jahrmarkt mit historischem Kostümdurcheinander), Verruchtheit als Tanzsaalszene der zwanziger Jahre, rotbraun eingefärbt und mit Altherrenwitzen unterlegt, peinlich bemüht schunkelnde Show-Prominenz, um die man Hamburg bedauern muß. Die Botschaft lag irgendwo zwischen „uns geht es doch Gold“ und, nach vier Sekunden mit Bildern des zerstörten Hamburg 1944, „das haben wir mit hanseatischer Zähigkeit wieder hingekriegt“. Wirre Bild- und Szenenfolgen, Postkartenbilder, die kein Postkartenverlag veröffentlichen würde...

Eine untergründige Angst blieb mir am Schluß: Hat diese ARD -Hamburg-Hymne die Stadt ganz unfreiwillig, doch präzise abgebildet? Ist sie nicht tatsächlich so: Ein täglich gelebtes Abziehbild aus Springers 'Hör zu‘ und 'Hamburger Abendblatt‘?

Florian Marten

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