: Ans Netz zur Konkursverhinderung
Die NRW-Landesregierung erläutert „Auslaufbetrieb“ des Pannenreaktors bis zum 31. 12. 1991 / Stromkonzerne sollen bei Stillegung mitzahlen / Erfolg der Operation fraglich / Heute entscheidendes THTR-Gesellschaftertreffen ■ Aus Düsseldorf J. Nitschmann
Nach massiven Konkurs-Drohungen der Betreiber des seit Monaten wegen technischer Defekte stillgelegten Thorium -Hochtemperaturreaktors (THTR) 300 in Hamm-Uentrop hat die nordrhein-westfälische SPD-Landesregierung - entgegen ihrer Erklärung vom 25.April - einem mehrjährigen Auslaufbetrieb des Atommeilers bis maximal zum 31.Dezember 1991 zugestimmt. Nach einer Sondersitzung des NRW-Kabinetts teilte der Chef der Düsseldorfer Staatskanzlei, Wolfgang Clement, am Montag mit, die Regierung Rau habe als Risikobeteiligungspartner des THTR einer Vereinbarung mit den Betreibern und dem Bund zugestimmt, den „Pannenreaktor“ für eine befristete Auslaufphase erneut anzufahren. Clement bezeichnete diese Vereinbarung als „Konkursverhinderungsvertrag“.
Der Auslaufbetrieb des Hammer- Reaktors, der vermutlich in den nächsten vier Wochen wieder angefahren wird, soll nach den Worten Clements jedoch „sofort beendet“ werden, „wenn der ordnungsgemäße Betrieb aufgrund von Störfällen oder sonstigen Betriebsunterbrechungen nicht gewährleistet werden kann“. Hierbei müsse es sich allerdings um einen „gravierenden Störfall“ handeln, der zu einem mehrwöchigen Stillstand der Anlage führe und das von den Betreibern eingeplante ökonomische Betriebsergebnis unrealisierbar mache.
Ein weiterer Bestandteil dieser zwischen Bund, Land und den Betreibern abgeschlossenen Vereinbarung ist die Abgabe einer sogenannten „Patronatserklärung“ der THTR-Gesellschafter auf ihrer heutigen außerordentlichen Gesellschafterversammlung, den Geschäftsbetrieb beim THTR „bis zur vollständigen Abwicklung des Vorhabens“, also dem Abbruch des Reaktorgebäudes, aufrechtzuerhalten. Bereits im laufenden Geschäftsjahr soll die derzeit mit 256 Millionen Mark verschuldete Hochtemperatur Kernkraft GmbH (HKG) eine Bilanz -Rückstellung in Höhe von insgesamt 80 Millionen Mark für den sicheren „Einschluß“ der Atomanlage bilden.
Noch ist offen, ob die THTR-Gesellschafter dieser Vereinbarung zustimmen würden. Eine Konkurserklärung auf der heutigen Gesellschafterversammlung gilt weiterhin als durchaus möglich. Clement sagte, er wage zum Ausgang der Gesellschafterversammlung „keine Prognose“. Unterdessen haben die beiden Anlagenbauer Siemens und Asea Brown Boveri eine „Hochtemperaturreaktor-Gesellschaft“ mit Sitz in Frankfurt gegründet. Wie Firmensprecher am Montag erklärten, wird die neuggegründete HTR-GmbH in den Generalvertrag über das geplante Exportgeschäft des Hochtemperaturreaktors in die Sowjetunion eintreten. Die Inbetriebnahme der sowjetischen HTR-Modulanlage ist für 1996 geplant.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen