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Die Rechnung heißt zwei plus elf

■ Neue „FF dabei“ auf dem Markt / Hält der Auflagengigant künftig seine Position?

Eine neue Zeitrechnung wurde unbemerkt durch die „FF dabei“ eingeführt. Ab sofort beginnt die Fernseh-Woche sonnabends. Da momentan sowieso alles in Frage gestellt wird, leistet nun also auch die Fernsehzeitung ihren Beitrag. Sie hofft offensichtlich, daß die LeserInnen diesen fundamentalen Angriff auf bisherige Konventionen problemlos verkraften. Bei einer Auflage von anderthalb Millionen Heften kann durchaus repräsentativ ermittelt werden, wie anpassungsfähig die DDR-Bürger noch oder schon wieder sind.

Doch die Zeitumstellung ist nicht die einzige Veränderung. (Geblieben sind die Seitenzahl, das Format und der Chefredakteur.) Das bunte Blatt wurde renoviert, was am Ende nicht nur sichtbar, sondern vor allem auch spürbar ist. Der Preis steigt ab April auf das Dreifache, beträgt dann 1,50 Mark pro Ausgabe.

Neben den zwei DDR-Fernsehprogrammen haben elf weitere deutschländische Sender mit ihren Angeboten Platz gefunden. Die Südostsachsen protestieren leidenschaftlich, denn im Dresdner Raum sind die Empfangsmöglichkeiten nicht gerade pluralistisch zu nennen. Doch Demokratie lebt nunmal von Mehrheiten. Und für die wurde tatsächlich übersichtlich geordnet. Wenn auch nicht auf den ersten Blick, so doch wenigstens mit dem zweiten, ist man am Informationsziel. Endlich wird Planbarkeit den Fernsehfeierabend bestimmen. In Anbetracht zukünftiger Marktturbulenzen während der Arbeitszeit gewiß eine ganz willkommene Abwechslung.

Abzuwarten bleibt, wie sich die auflagenstärkste Zeitung der DDR demnächst gegen vergleichbare Konkurrenz aus den Verlagshäusern Springer, Burda und Bauer behaupten kann. In der jetzigen Aufmachung versucht die Redaktion alles zu bieten, was irgend möglich. Ob Horoskop, Rätsel, klatschiger Small-Talk, seriöse Porträts und Gespräche, Kritik, Publikumsresonanzen, Berichte von aktuellen Produktionen wie über historische Entwicklungen - scheinbar soll bloß nichts vergessen werden. Dieser Jahrmarktscharakter ist zwar ein Profil, doch langfristig wohl kaum ein erfolgversprechendes.

Auch wenn sich die „FF dabei“ zum Magazin für die ganze Familie erklärt, ab April ist Spezifik gefragt, kein Allerlei. Konzentration auf einen Journalismus, der sich einer wirklichen Medienerziehung verantwortlich fühlt, wäre zum Beispiel eine echte - wenn auch kommerziell nicht so verwertbare - Alternative. Die Regenbogenpresse der Nachbarrepublik wird hingegen (bzw. ist schon) ein wahres Suchtmittel für DDR-BürgerInnen. Insofern könnte die „FF dabei“ sich diesen Part gut und gerne schenken, zumal die Redaktionstechnologie mit ihrer knapp vierwöchigen Verzögerung sowieso noch unverschuldete Nachteile bringt.

Lea Kramer

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