Der Furz ins Himbeereis

Gefehlt hat eigentlich nur das Schild am Eingang: Hier werden Sie plaziert. Denn was da als Palast-Revolution deklariert war, ordnete sich brav dem eigentlich für diesen Nachmittag geplanten „Tag der Familie“ unter, mit heiterer Modeplauderei, Accesoires und Schaufrisieren. Abgesehen davon, daß die Frisuren betont gesamtdeutsch hochgetrieben wurden, kannte die Perversion keine Grenzen, besonders bei der Bemalung eines nackten Mädchens, dem über das Brüstchen als Farb-BH ein Mauermuster gepinselt wurde. Spätesdens als der Moderator dieser Show verkündete, hier würde der Wettbewerb zwischen Kommerz und Innovation entschieden, konnte man sich übergeben oder eingestehen, daß man auf die falsche Party geraten war.

Der zwanglose Übergang vom stalinistischen zum monopolseeligen Palastbetrieb schien kaum einen Familienausflügler zu betrüben. Nur die „Szene“ ging deprimiert von Erdnüssen auf Schnaps über und wartete ungläubig auf den Beginn der Besetzung. Diese gelang dann auch drei Stunden später dank der Phonstärke von „Freygang“, die mit heftigen Punk-Rock einigen die Knie zum Wippen und den anderen die Finger in die Ohren zwangen. An Textstellen wie: „Wir stehen vor dem Ende...der Existenz des Menschen“ ist zwar keinem der Eislöffel aus der Hand gefallen, aber wenigstens die Lautstärke war den Sonntagsausflüglern doch arg lästig. Was die Krakeeler unterm Staatsemblem eigentlich wollten, mußte man sich jedoch nicht länger fragen, nachdem „Papa Binnes Jazzband“ wieder übernommen hatte. Mit sturer Ignoranz ging das Normalprogramm weiter. Gregor Gysi hatte da unbeschreibliches Glück: als er durch den Palast bummelte, waren die „Freyen“ noch zugange. Falls er trotzdem die anderen Schauerlichkeiten mitbekommen hat, könnte er vielleicht zustimmen, daß dieses „Haus des Volkes“ nicht zu besetzen, sondern nur zu sprengen ist. Und das bunte Volk, das sich nach Prenzelberg zurückflüchtete, nachdem es so gänzlich fehlplaziert war, bastelt derweil an neuen Losungen wie :„Wer sich wehrt - lebt verkehrt“.

Ralf Bartholomäus