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Stasi-Leute kaufen billig ihre Villen

Wer jetzt das Einfamilienhaus kauft, in dem er wohnt, der kann in ein paar Monaten reich werden. Die Verkaufspreise sind zwar heraufgesetzt worden, sie orientieren sich aber immer noch an den alten Tax-Preisen. In Pankow wurde so ein Haus mit 134 Quadratmetern, Gas-Zentralheizung und Garage nach dem West-Preisniveau dürfte es in einem halben Jahr weit über 200.000 DM Wert sein - für 61.000 Mark verkauft. Der glückliche neue Eigentümer ist ein Stasi-Mann, der seine Villa bisher für 161 Mark monatlich gemietet hatte. Zu dem Haus gehört ein fast 1000 Quadratmeter großer Garten.

Hunderte von Anträgen liegen beim Abteilungsleiter Volkseigentum des Magistrats, Herrn Pauli, 1989 sind insgesamt 150 Häuser verkauft worden, in den ersten beiden Monaten 1990 allein gab es 800 Anträge. Die Häuser gehen „natürlich spottbillig“ weg, sagt sein Pressesprecher. Natürlich kommen nur diejenigen in eine derart lukrative Lage, die in einem kleinen Ein- oder Zweifamilienhaus wohnen - für Miethäuser ist der Erwerb nicht so einfach. Seit gestern kann dazu auch der Boden verkauft werden, wie der Ministerrat in der vergangenen Woche beschlossen hatte. Und das zu Preisen, die aus dem von den Nazis 1936 gegen die Bodenspekulation festgelegten Fixpreis errechnet werden, also spottbillig nach DM-Maßstäben. Verschiedene Kommunale Wohnungsverwaltungen haben gegen den Ausverkauf protestiert, können aber nichts machen. Unabhängig davon, wie die Villen -Bewohner an ihr Privileg gekommen sind, haben sie das Recht, es noch schnell vor der Währungsunion zu den alten preisen zu erwerben. Das Neue Forum Pankow hat festgestellt, daß die „ehemaligen Nomenklaturkader“ sich reichlich bedient haben - allein 27 Stasi-Privat-Villen hat es in Pankow gegeben.

K.W.

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