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Lange Gesichter im Bonner Wahllokal

■ Ohne blauen wahlschein geht in Bonn nichts /Empörung im einzigen Wahllokal der DDR in der BRD

Bonn (dpa) - Ein junger Berliner empört sich im einzigen DDR -Wahllokal in der Bundesrepublik. Gemeinsam mit vier anderen Binnenschiffern war er aus Duisburg angereist, um in der Ständigen Vertretung der DDR in Bonn seine Stimme zur Volkskammerwahl abzugeben.

Doch ohne den blauen Wahlschein kamen die Männer nicht bis zur Wahlurne - Grüne und SPD der DDR müssen auf mindestens zwei Stimmen verzichten.

Mehrmals wurde Wahlvorstand Walter Lorenz aus dem zum Wahllokal umfunktionierten Empfangssaal der Vertretung geholt. Geduldig erklärte er drei Bauarbeitern und einem älteren Ehepaar, daß jeder, der an diesem Tag nicht in der Heimat wählt, mit Wahlschein und Personalausweis anzutreten hat. Mit Verärgerung reagieren die Betroffenen. Auch Tränen stehen in den Augen, die diesen historischen Augenblick so lange herbeigesehnt hatten.

Die Wahlberechtigten, die bis zu den Kabinen gelangen, weist Lorenz noch einmal an: „Dran denken: ein Kreuz!“ Verunsichert hält eine Frau ihren ausgefüllten Zettel dem Wahlleiter entgegen. Mit ausgestreckter Hand weist er in Richtung Urne. Zweimal gefaltet verschwindet das gewichtige Papier in dem Behälter. Die meisten bewegen sich bei ihrer ersten freien und geheimen Wahl noch auf unsicherem Parkett.

Einige Hundert Wahlberechtigte Diplomaten, Urlauber und in der Bundesrepublik arbeitende DDR-Bürger - strömten bei strahlendem Sonnenschein bis zum frühen Nachmittag in das viergeschossige, kastenförmige Gebäude an der Godesberger Allee.

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