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Die 'Allianz‘ in Abstiegsgefahr ?

■ Die Sportkolumne von Hagen Boßdorf

Es soll ja doch Gründe gegeben haben, die „Allianz“ zu wählen. Die Sorge um die Zukunft des Sports kann auf gar keinen Fall zu diesen Gründen gehört haben. Einmal abgesehen von Ebelings Wende-Pirouetten und dem gestürzten Hürdenlauf Herrn Schnurs, hatten DSU und DA sportlich überhaupt nichts zu bieten. Die CDU hatte wenigstens was zu sagen, auch wenn es nur ein Flötentönchen zwischen den Posaunen des Wahlspektakels war.

Die Wahlsieger wissen es ganz genau: „Die stalinistische Sportpolitik der SED hat den Sport in der DDR großen Schaden zugefügt.“ Kann man das den politbürokratischen Leichtathleten denn nun wirklich vorwerfen? Sicher, sie beherrschten nicht alle Disziplinen. Aber zum Beispiel im Jubeln und Telegramme schicken wegen der einer-nach-dem -anderem-Triumphe ihrer Landeskinder waren sie unbestrittene Weltspitze. Das die ZK-Sportstrategen das Volk dabei ein wenig aus den Augen verloren haben, hat ja im körperkulturellen Bereich geradezu harmlose Schäden angerichtet.

Nun gut, die „Allianz“ hat es entlarvt und wird jetzt besser machen. In der vorigen Woche präsentierte sich dafür ein CDU-Sportchef namens Horst Ehrlich. Ganz ehrlich gestand er gleich, daß er die 100 Meter in 17, 2 Sekunden laufen kann. In seinem neuen Amt wird dieses Spaziergänger-Tempo wohl kaum ausreichen. Der Sport-Platz muß schnellstens neu bestellt werden. Sonst ist er bald unbespielbar. Was verspricht nun das neue Konzept, zum Beispiel im Leistungssport? Diese „überzüchtete Ausgeburt“ der sozialistischen Sportnation muß doch sicher dran glauben. Hätte ich gedacht. Aber denkste! Die Sportclubs will er am Leben erhalten, der Sport-Ehrlich. Hoffentlich weiß er auch, wieviel dieser Wiederbelebungsversuch dem Lande kosten wird. Denn den breiten Sport will die CDU natürlich auch verbreitern. Und den Behindertensport auch. Und den Kindersport auch. Wir werden hinsehen müssen, wie ehrlich es Herr Ehrlich und seine Sportfreunde meinen.

Der DTSB hat sich einen Sportminister gewünscht. Das erscheint mir nun aber komplett illusorisch. Denn ich befürchte, die Lieblingssportart der Allianzathleten wird der Spurt in den Westen sein. Und da gibt es gar keinen Sportminister. Mit dem DSB der Bundesrepublik will man sich arrangieren. Und ich vermute, der wird dann schon wissen, wie er den ehemals so erfolgreichen DDR-Sport umkrempeln wird. Dabei wird ihm die neue Regierung tatkräftig helfen.

Ich kenne einige Gründe, die „Allianz für Deutschland“ nicht zu wählen. Das fehlen eines klaren Sportkonzepts ist einer davon.

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