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Bodycheck im Gitterhäubchen

■ Einbruch in eine Männerdomäne: Immer mehr Frauen drängen in die ausgepolsterte Schutzkleidung der Eiseiligen/ In der Eishockey-Bundesliga Nord der Frauen bezwangen die Berliner OSC-Ladies Aufsteiger GSC Moers mit 10:0 Treffern

Charlottenburg. Zu den letzten Reservaten des männlichen Blut- Schweiß-und-Tränen-Sports zählt das Eishockey. Hier gilt nur der ganze Kerl, der sein Gegenüber mittels Bodycheck immer älter und zahnloser aussehen läßt. Aber auch diese Hochburg wankt. Sie wird bedrohlich belagert von furchtlosen Frauen, die gerne selbst das Krummholz schwingen. Eine von ihnen ist Martina Kössel, die Nummer drei der OSC-Ladies, die in der Bundesliga Nord dem Puck nachjagen.

Martina ist erblich vorbelastet. Ihr Bruder spielt beim bayerischen Zweitligisten Rissersee, wo auch der Vater als Mannschaftsarzt alle Hände voll zu tun hat. Vor vier Jahren fand sie Gefallen an dem Spiel auf dem glatten Parkett. »Aber die typisch bayerische Dickköpfigkeit«, so »Lady« Kössel, »hat etwas gegen Frauen im Eishockey« — obwohl Mitte der siebziger Jahre in Füssen (und Berlin!) die feminine Variante des schnellsten Mann/Frauschaftssports geboren wurde.

»Ich kam vor einem Jahr zum Studium nach Berlin, mit dem schönen Nebeneffekt, daß ich hier Eishockey spielen kann«, atmet Martina Kössel nun sportlich-liberalere Luft. Die angehende Betriebswirtin schloß sich den OSC-Ladies an, die zuvor beim Berliner Schlittschuh-Club nicht recht glücklich wurden. Doch auch der Schöneberger OSC geht äußerst sparsam mit seinen Subventionen um. Die bis zu 1.000 Mark teure Ausrüstung muß jede OSC-Eisbärin selbst bezahlen; auch Senatszuschüsse für die Auswärtsspiele in Westdeutschland blieben bislang aus, »weil wir letzte Saison im Kampf um die Berliner Meisterschaft gegen die DEC-Eishasen dumm verloren haben«, so Martina Kössel. Und potentiellen Sponsoren sei Eishockey von Frauenhand im Hinblick auf die umworbene Klientel einfach zu hart.

Auch wenn, wie OSC-Stürmerin Kössel festgestellt hat, immer mehr Geschlechtsgenossinnen aufs Eis drängen. »Bei uns trainieren inzwischen 20 Spielerinnen zweimal pro Woche. Vor allem aus dem Osten kommen immer mehr dazu.« Gerade in der Ex-DDR, wo Stasi-Mielke bloß zwei Dynamo-Männerbünde in Weißwasser und Berlin als seine privaten Steckenpferde hielt, drängt das schwache Geschlecht immer stärker in die ausgepolsterte Schutzkleidung der »Eiseiligen«. Was bringt diese Frauen auf die Kufen? »Warum spielt Steffi Graf Tennis?« reagiert Martina Kössel gekonnt auf dumpfe Reporterfragen. »Mir macht Eishockey einfach Spaß. Es ist ein hervorragender Ausgleich zum Studium, weil man sich so richtig austoben kann.« Ähnlich wie der Gesetzgeber im bundesdeutschen Fußball, der partout das Knutschen unter jubelnden Spielern verbieten will, graut es den Eishockey-Funktionären offensichtlich vor zu angriffslustigen Frauen. Die Regeln der beiden Bundesligen Nord sowie Süd verbieten körperliche Attacken. Sehr zum Unmut vieler Akteurinnen. Das gekonnte »Checken« gehört eben zum »Hockey on the Rocks« wie ein Weißbier zu gleichfarbigen Bayernwurscht.

Daß sich jedoch die Urgewalt Eishockey auch nicht in ihrer weiblichen Form von der Legislative zähmen läßt, bewiesen die OSC-Ladies und Bundesligaaufsteiger GSC Moers.

Von körperlosem Spiel konnte in der Eissporthalle Jafféstraße keine Rede sein. Allein das Strafregister der ersten zwanzig Minuten verzeichnete vier Zeitstrafen für Akteurinnen, die ihre Kontrahentinnen widerrechtlich von den Beinen holten. Mit einer drückenden läuferischen Überlegenheit setzten sich die Schönebergerinnen vor dem Gehäuse der guten Moerser Torfrau fest. Die westdeutschen Gäste zogen es vor, sich ins eigene Verteidigungsdrittel zurückzuziehen. Ebenso sporadische wie unerlaubte Weitschüsse erinnerten die einsame OSC-Torlady daran, daß es auch lebhaftere Sturmreihen gibt. 10:0 hieß es nach 60 Minuten effektiver Spielzeit für den OSC, der mit seiner Leistung aber nicht zufrieden sein konnte. Nur die Paradesturmreihe Beate Baert, Sandra Kinza und Michaela Hildebrandt, die neun der zehn Treffer beisteuerte, zeigte Normalform. Um gegen die Cracks aus Düsseldorf und Mannheim bestehen zu können, müssen die Ladies ihren Gesichtsschutz wesentlich fester schnallen. Jürgen Schulz

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