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Revisionsverhandlung abgewickelt/ Siemens will keine Entschädigung für ZwangsarbeiterInnen aus dem Zweiten Weltkrieg bezahlen ■ Aus München Karin Mayer
Als Waltraud Blass 22 Jahre alt war, wurde sie von der Gestapo wegen Mitarbeit in einer Woderstandgruppe verhaftet. Im November 1943 wurde sie im Konzentrationslager Ravensbrück eingeliefert. Kurze Zeit später von Siemens als Zwangsarbeiterin verpflichtet. Die Arbeitsbedingungen waren unmenschlich. Die Erinnerung an diese Zeit ist noch heute schmerzlich. Unterstützt von der Aktion Sühnezeichen verklagte sie den Konzern und forderte Lohn- und Rentennachzahlung und Schmerzensgeld. In erster Instanz vor dem Landgericht München im Juli 1990 wurde die Klage wegen Verjährung abgelehnt. Waltraud Blass hätte schon früher bei Siemens Ansprüche anmelden müssen, so das Argument.
Vor dem Oberlandesgericht München fand gestern die Berufungsverhandlung statt. Im vergangnen Jahr wurden neue Dokumente aufgedeckt, die, laut Aktion Sühnezeichen, die rechtliche und moralische Verpflichtung des Konzerns Siemens zur Entschädigung offenlegen. Aus einem Briefwechsel zwischen Himmler und General Fellgiebel gehe hervor, so Rechtsanwalt Norbert Müller, daß Siemens sich selbst um Zwangsarbeiter bemüht habe. Bisher hatte sich der Konzern darauf berufen, vom Staat zur Beschäftigung von ZwangsarbeiterInnen gezwungen worden zu sein.
Gestern berief sich die Firma Siemens nur noch auf die Verjährung der Ansprüche. Thomas Lutz von der Aktion Sühnezeichen wertete diese Veränderung der Argumentation als ein quasi Schuldbekenntnis des Konzerns. „Es ist ein noch größerer Skandal, daß sie es trotzdem ablehnen zu bezahlen“, sagte er nach der Verhandlung. Knackpunkt sei, daß nur Siemens über die Dokumente verfüge, die letzlich den Anspruch von Waltraud Blass belegen. Siemens will diese Akten nicht zugänglich machen. Der Prozeß gegen Siemens gilt als Musterprozeß für insgesamt 7,5 Millionen ZwangsrabeiterInnen, die für Konzerne wie zum Beispiel MAN, Krupp, den Volkswagenwerken und Siemens schuften mußten. Entschädigt wurden sie von den Betrieben nicht. Lediglich der Staat bezahlte 150 Mark pro Monat im Konzentrationslager. Würden die Richter Waltraud Blass recht geben, müßten die Firmen mit einer ganzemn Flut von Entschädigungsforderung rechnen. Eine politische Lösung der Zwangsarbeiterfrage schlugen im Juni 1989 die Grünen im Bundestag vor. Sie wollten eine Stiftugn für die Entschädigung von ZwangsarbeiterInnen gründen. Der Bund sollte dafür einmalig ein Milliarde und dann jährlich 250 Millionen locker machen. Im Bundestag fand der Gesetzesvorschlag keine Mehrheit.
Das Urteil wird am 3.Juli verkündet. Thomas Lutz: „Meiner Meinung nach ist das Urteil schon geschrieben. Wahrscheinlich wird wieder wegen Verjährung abgelehnt.“
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