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Bewährung für DDR-Soldat

■ Angeklagter hatte „verächtliche Haltung“ zu Flüchtlingen

Berlin (dpa/bb) — Das Berliner Landgericht hat gestern im vierten Mauerschützenprozeß einen 32jährigen früheren DDR-Grenzsoldaten wegen des Totschlags für schuldig gesprochen und ihn zu einer Bewährungsstrafe von 21 Monaten verurteilt. Die 29. Große Strafkammer war der Auffassung, die Aussage des Angeklagten Steffen Scholz sei widerlegt, er habe am ersten Weihnachtsfeiertag 1983 an der Berliner Mauer nur auf die Beine des damals 21jährigen Silvio Proksch gezielt. Proksch war beim Versuch, über die Mauer zu flüchten, durch Schüsse in den Unterleib getötet worden. Nach der festgestellten Feuergeschwindigkeit von zwei Schuß pro Sekunde könne ein Ziel nicht mehr anvisiert werden, hieß es. Für den Vorsatz spreche auch die „verächtliche Haltung“ des Angeklagten gegenüber Flüchtlingen. Der Vorsitzende Richter Wolfgang Hüller sagte, wer — wie der Angeklagte — Flüchtlinge als „subversive Elemente“ bezeichnet, sei „eher geneigt draufzuhalten“.

Mit dem Urteil folgte das Gericht dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Verteidiger Matthias Zieger, der auf Freispruch plädiert hatte, kündigte Revision an. Scholz reagierte mit Kopfschütteln und Unverständnis auf den Richterspruch. Er habe nicht töten wollen, sagte er.

Hüller betonte in seiner Begründung, daß die Tat auch nach DDR- Recht strafbar sei, weil das Grenzgesetz „keine Exekutionen“ gerechtfertigt habe. Die Schußwaffe hätte nur zum Zweck der Festnahme eingesetzt werden dürfen. Der Befehl, Grenzverletzer zu vernichten, hätte nicht befolgt werden dürfen. Die Besonderheit im Fall Proksch lag darin, daß die Angehörigen des Opfers von den DDR-Behörden systematisch belogen worden seien. Später wären sogar noch Drohungen hinzugekommen, da die Stasi behauptete, Silvio Proksch sei von seinem Bruder oder Vater umgebracht worden.

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