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Geiselnahme ohne politisches Nachbeben

Düsseldorf (taz) — Diesmal steht NRW-Innenminister Herbert Schnoor scheinbar ohne Fehl und Tadel da. Nach der gestrigen Sondersitzung des Innen-und Rechtsausschusses zur Geiselnahme von Werl fand selbst der CDU-Abgeordnete Heinz Paus, dessen Partei im Zusammenhang mit dem Gladbecker Geiseldrama gleich mehrfach den Rücktritt des Innenministers gefordert hatte, lobende Worte für den obersten Polizeichef.

Während Paus dem Düsseldorfer Justizminister Rolf Krumsiek vorwarf, bei den Informationen über die Zustände in der Justizvollzugsanstalt Werl „gemauert“ zu haben, bescheinigte er Schnoor eine „sehr genaue“ Schilderung des Tathergangs. Über die Polizeitaktik selbst kam Paus nicht ein einziges kritisches Wort über die Lippen. Die Zustimmung reichte gestern von Schwarz bis Grün. Auch der Fraktionschef der Grünen, Michael Vesper, lobte den „professionellen“ Zugriff der Polizei. Schlüssige, risikoärmere Alternativen hat es nach Vespers Eindruck, „wohl nicht gegeben“.

Die Polizei hatte sich am späten Dienstag abend für den Zugriff entschieden, als der Geiselgangster Michael Heckhof mit einer Geisel im Fluchtauto saß. Zu diesem Zeitpunkt befand sich dessen Kumpan Kurt Knickmeier mit zwei weiteren Geiseln noch im Sanitätstrakt der JVA. Ein zeitgleicher Angriff auf beide Gangster war in dieser Situation unmöglich. Erst nach den Schüssen auf Heckhoff, der sofort außer Gefecht gesetzt wurde, konnte die Polizei die Tür des Sanitätstraktes sprengen und zu dem zweiten Gangster vordringen. Knapp 30 Sekunden blieben dem 30jährigen Knickmeier, einem zu lebenslang verurteilten eiskalten Killer, seine beiden mit Benzin überschütteten Geiseln in Flammen zu setzen. Knickmeier handelte wie angekündigt, und beide Geiseln, eine Arzthelferin und ein JVA- Angestellter, erlitten lebensgefährliche Verbrennungen. Hätte man das Risiko durch einen späteren Zugriff mindern können? Während die Düsseldorfer Parteien gestern offiziell unisono den Zugriff verteidigten, empfahl einer, der in der Ausschußsitzung dabei war, aber lieber anonym bleiben wollte, den schwerverletzten Geiseln den Gang zum Gericht. Der zeitversetzte Angriff, sei „stümperhaft und im höchsten Maße risikoreich“ gewesen, eine Klage gegen die Polizei mithin aussichtsreich. J. S.

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