: Posen und Possen
■ Die costaricanische Tanz-Compagnie Losdenmedium mit ihrer Flirt-Farce Mentiras Mulatas bei Movieminetos '92
mit ihrer Flirt-Farce Mentiras Mulatas bei Movimientos '92
Von allen bisher beim Sommertheater gezeigten Stücken ist Mentiras Mulatas von der costaricanischen Tanz-Compagnie Losdenmedium das mit Abstand geschmackabhängigste. Die dichte und dynamische Choreografie der Spanierin María Rovira erreichte tänzerisch überzeugend dargebotenen Einfallsreichtum und eine rundum stimmige Verzahnung von Musik und Tanz. Mißfallen erregen konnte eigentlich nur der gewählte Themenkreis.
Aufbauend auf spanischen und lateinamerikanischen Tänzen und unter Verwendung deutlicher Einflüsse des Modern Dance zelebrierten Roviras drei Tänzer und vier Tänzerinnen die Posen und Possen von Flirt, Anmache und Eifersucht. Alle Klischees von Stolz, Machismo und Männerfreundschaft wurden ironisch präsentiert und in immer neuen Bewegungsabläufen durchgespielt. In kleinen Gruppen an mehreren Orten des Raumes entwickelte sich zwischen Intimitäten in slow-motion und zackigen Figuren Tanztheater ohne Erzählung, Zeitbezüge und eigentliche Dramaturgie.
Unangenehme Assoziationen an solche Kulturlügen wie Dirty Dancing fanden hier genauso ihre Be-
rechtigung wie an Bilder aus den Karnevalsschulen Brasiliens. Die von Europäern oft als Affektiertheit empfundene Gestik der südamerikanischen Tänze gab es leidlich, aber sie wirkte in diesem Rahmen erklärt und mit Schalk dargebracht.
Im leeren Bühnenraum, der durch eine differenzierte Lichtregie immer wieder neue Gestalt erhielt, bot das komprimierte Beziehungsgeflecht natürlich wenig Persönliches. Unterteilt in mehrere, von der sehr poppigen Musik struktu-
rierte Szenen wurden vielmehr verschiedene Temperamente und erotische Anziehungskräfte durchgespielt, die natürlich keine philosophische Tiefe veranschaulichen konnten. Dargeboten wurde von der Compagnie der Pina-Bausch- Schülerin Jimmy Ortiz vielmehr die scheinbar schöne Oberfläche der Liebe in ausgetüftelten Mustern. Ein schmerzloses Vergnügen, das an keinen hohen Ansprüchen scheitern konnte, weil es diese nicht gab. Till Briegleb
Noch heute, 19,30 Uhr
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen