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Grobecker ehrt Journalisten

■ Ehemaliger Finanzsenator will „Detlef Griesche-Preis 1992“ verleihen

Wer unter den Insidern bremischer Politik erinnert sich nicht an den polternden Witz des früheren Finanzsenators Claus Grobecker! Insbesondere im Gegensatz zu der feinen Art seines Amtsnachfolgers, des verhinderten Rechtsdoktors Volker Kröning, hatte der verhinderte Arbeiter „Grobi“ die Lacher immer auf seiner Seite. Nur über eines konnte er überhaupt nicht lachen: Den Vorwurf, es sei „Filz“ gewesen, als er einmal dem „Lieben Detlef“ per Brief eine Hochschullehrerstelle versprach. Immerhin war Detlef Griesche damals Vorsitzender des Haushaltsausschusses, und das Budget- Recht ist das vornehmste Recht der unabhängigen „Ersten Gewalt“.

Grobi fand immer, daß verdiente Parlaments- Abgeordnete ordentlich „versorgt“ werden müssen, das zitierte er gern von seinem großen Vorbild Herbert Wehner. Warum also nicht der Detlef G.? Da hat er es dem Parteifreund („Lieber Detlef...“) schriftlich gegeben, daß er ihm die Hochschul- Stelle besorgen will. So kam es irgendwann taz-mäßig raus, und seitdem hatte Grobi überall Ärger wegen der Sache und erntete Spott und wurde so sauer, daß er seinen Humor verlor und mit der taz, die er vorher gern gelesen hatte, nicht mehr reden wollte.

Der Bürgermeister soll ihm gegenüber das Thema „Lieber Detlef“ zuletzt angesprochen haben, als er das letzte Gespräch mit ihm als Finanzsenator hatte, im Dezember 1991 nach der Wahl, und wenige Minuten später verließ Grobi nach lautem Wortwechsel den Raum, knallte die Tür und wollte nicht mehr unter Wedemeier Senator sein.

Aber Grobi wäre nicht Grobi, wenn er nur nachtragend wäre. Das schätzen wir ja so an ihm. Der Beweis: Am 12. September will er in seiner Stammkneipe „Kaiser Friedrich“, die vor allem wegen der von dort aus betriebenen „kaiserlich- friedrizianischen Stammtisch-Strategie“ bekannt wurde, den „Detlef-Griesche-Preis 1992“ verleihen. „Erster Preisträger ist mein Freund, Förderer und Vertrauter ...“, schreibt Grobecker in der Einladung. Der zukünftige Preisträger habe „unter Inkaufnahme öffentlicher Anfeindungen den Mut gezeigt, politische Vorgänge in der Freien Hansestadt Bremen so darzustellen, wie ich es für richtig halte und dabei als Mitglied der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands Parteiinteressen über journalistische Sorgfaltspflicht gestellt. Dafür gebührt ihm Dank, Ehre und Anerkennung.“ In der Tat hatte der Bürgermeister persönlich dem Arbeitgeber des betroffenen Journalisten einen Mahnbrief geschrieben.

Grobecker hat diesen Rüffel offenbar zum Anlaß genommen, den Verfehmten mit seinem „Detlef- Griesche-Preis“ zu ehren. Das ist unser Grobi, wie wir ihn lieben. Rosi Roland

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