Schöner leben: Feinschmeckschreck
■ Unselig sind die Armen im Delikatessenladen
Wenn man schon reinkommt! Das heißt: Erst war man ja draußen und hätte da auch bleiben sollen. Da war man noch gut und schön und straff vor Mut und Willen. Aber kaum bist du drin, so als wär' nix, geht's schon los, daß dich keiner kennt und mit Hallöchen wie mit Parmastreifen umwickelt.
Wir sind im Edelfeinkostlädchen mit angeschlossenem Haute Couture-Essen in ausgesuchter Anzahl. Zwei Männer stehen an drei Stehtischchen und unterziehen dich mit wichtigen Pobacken einer Fixierung. Hinter'm Thresen — was heißt Thresen: hinter'm Antipasti-Altar steht eine Dame mit Designer-Schürze und plaudert frisch und frei mit der Gattin des Oberstudienrats, die die Arme auf den Altar legen darf und mit dem Finger auf Melanzane zeigen.
Unsereins schrumpft solange ins Nichts und darf an seiner Nichtigkeit kauen, bis die raumgreifende Gattin ein Schlückchen Balsamico zur Anprobe erhält und eine Cremini-Hostie im Gaumen erweicht; weshalb sich eine Plauderpause ergibt. Also orderst du tapfer arrogant eine Kleinigkeit. Als wär' sie nichts Großes! Wo hier doch alle Speisen und Getränke wie vom Donner gerührt und zum Ritter geschlagen sind! Und überall hängen Spiegel mit Licht von oben und lassen dich wie Gorgonzola aussehen. Erschöpft fliehst du mit sieben Pilzen in Öl, welches leckt. Hinten im Spiegel die Damen schütteln die Köpfe. Was alles zum Leben reicht! Claudia Kohlhase
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