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Häuserkampf am Treptower Park

■ Das Jägerbataillon Berlin lud zum Tag der offenen Tür in die Treptower Kaserne/ Waffenschau, Kampfvorführungen und Erbseneintopf für die Besucher/ Feierliches Gelöbnis am Vormittag

Treptow. Dem Feind im besetzten Haus geht es jetzt an den Kragen. Eine Gasgranate hüllt das mit Stacheldraht und Sandsäcken verbarrikadierte Gebäude am Treptower Park in einen orangefarbenen Nebel, kurz darauf donnern Maschinengewehrsalven. Soldaten stürmen vor, zucken bei jeder Detonation zusammen und werden erschossen. Dagegen, denkt man sich, war die Räumung der Mainzer Straße ein Kinderspiel. Der Großmutter eines Rekruten, die das Geschehen beobachtet, steht das Entsetzen und die Erinnerung ins Gesicht geschrieben. Ein Junge fängt an zu weinen.

»Das ist doch alles nur Spaß«, versucht ihn der Hauptfeldwebel zu beruhigen. Zum ersten Mal lud gestern das Jägerbataillon 581, der einzige Truppenteil der Bundeswehr in Berlin, zum Tag der offenen Tür in die Kaserne am Treptower Park. Ein Ort mit Tradition. Wo heute rund 600 Soldaten der Bundeswehr dem freiheitlich-demokratischen Vaterlande dienen, verteidigte bis zum 3. Oktober 1990 das Wachregiment »Friedrich Engels« der NVA den Sozialismus. Bereits am Vormittag leisteten hier Rekruten der »Heimatschutzbrigade 42 Brandenburg« im Beisein von Parlamentschefin Hanna-Renate Laurien ihr feierliches Gelöbnis.

Etwas friedlicher als beim »Häuserkampf« geht es in der »naturbelassenen Ausbildungsstätte« zu. Ein Soldat läßt neugierige Besucher in das obligate Einmann-Verpflegungspaket gucken und spendiert eine Runde Bundeswehrkekse — ziemlich trocken. An einem Lagerfeuer grillen zwei Soldaten ganz romantisch ein Hähnchen, ein vierter klärt über »Feldhygiene« auf. »Sie können auch ruhig mal eine Waffe in die Hand nehmen«, ermuntert er die Besucher. Er weiß, daß Tötungsgerät am liebsten bestaunt wird. Auf dem Appellplatz recken fünf Panzer ihre Rohre um die Wette, und auf der grünen Wiese zielen kleine Jungs mit der Panzerabwehrwaffe »Milan« auf Schwarzwaldhäuschen und Tannenbäume aus Pappe.

Selbst ein Blick in die Schlafstuben der Soldaten wird gestattet. Zehn Mann teilen sich fünf Etagenbetten in einem zwanzig Quadratmeter großen Raum. Die Einrichtung verrät ihre Lieblingsbeschäftigungen in der Freizeit: Mittelpunkt der Fernseher, auf einem Schrank leere Bierfässer, an den Wänden Poster mit Rennwagen und Arnold Schwarzenegger. Den Flur schmücken Bilder des Bundespräsidenten, aber auch Fotos aus dem Zweiten Weltkrieg: »Infanterie bei Hausdurchsuchung an der Ostfront« oder »Angriff auf polnische Stellungen im September 1939«.

Im Bierzelt denkt man schon ein paar Jahre weiter. »Stalingrad« ist eines der häufigsten Wörter, die man beim Erbseneintopffassen aufschnappt. Zum Leidwesen des Kommandeurs sind der Einladung vor allem Wehrmachts-Nostalgiker und Reservisten gefolgt. Am Infostand der Nachwuchswerber aber herrscht gähnende Leere. Fast niemand will Bewerbungsunterlagen mit nach Hause nehmen, selbst der schöne Katalog mit den Uniformen und Rangabzeichen wird verschmäht. Ein Trost bleibt. Unterdessen scheint es der Stoßtrupp geschafft zu haben, das feindlich besetzte Haus zu räumen. Die Maschinengewehrsalven und Schreie aus dem Gebäude haben spürbar abgenommen, die ersten Verletzten werden von Sanitätern herausgetragen. »Auch Feinde werden behandelt«, erklärt der Hauptfeldwebel großzügig, während seine Soldaten aus der Dachluke des gestürmten Hauses die Deutschlandfahne rollen. Nächste Vorführung in einer Stunde. Micha Schulze

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