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INTERVIEW»Die Grünen müssen selbst aus dem Quark kommen«

■ Eine Mitarbeiterin des antirassistischen Bündnisses zur Frage: Warum protestierten in Rostock so wenig Berliner Linke?

taz: Wie erklärt ihr euch, daß am Sonntag in Rostock außer Anhängern von autonomen und antifaschistischen Gruppen niemand aus Berlin gegen die Angriffe auf das Asylbewerberheim protestiert hat?

Anna M. (Name geändert): Ich glaube, daß inzwischen eine allgemeine Interessenlosigkeit an diesem Thema besteht. Außerdem vermute ich, daß viele Leute Angst hatten, hinzufahren. Schließlich war klar, daß nicht nur ein paar hundert militante Faschos das Heim angreifen, sondern daß sie von Tausenden von drumherum stehenden Bürgern unterstützt werden.

Den Grünen, Mitarbeitern von Flüchtlingsgruppen und kirchlichen Arbeitskreisen für Asyl kann man gewiß keine Interessenlosigkeit vorwerfen. In Hoyerswerda waren diese Gruppen zusammen mit euch auch sehr schnell vor Ort.

Mir war vollkommen klar, daß die Flüchtlinge in Rostock Unterstützung brauchen und daß ich hinfahre und gucke, was ich vor Ort machen kann. Warum sich andere Leute diese Frage so nicht gestellt haben, weiß ich nicht. Ich versuche natürlich auch erst mal die Leute, die mir nahestehen, zum Mitfahren zu bewegen, anstatt bei den Grünen anzurufen. Die wußten schließlich auch, was da Sache ist. Die müssen schon selbst aus dem Quark kommen.

Was für einen Schluß habt ihr aus Rostock gezogen. Würdet ihr wieder hinfahren, wenn sich so ein Angriff wiederholt?

Das hängt von der jeweiligen Situation ab. Angriffe von Nazis auf Asylbewerber gab es genauso vor der Maueröffnung wie danach. Immer wieder sind Leute hingefahren und haben versucht, etwas dagegen zu machen. Manchmal mit Erfolg, manchmal ohne. Daß ich wieder hinfahren würde, ist für mich keine Frage.

Kannst du dir vorstellen, in so einer Situation an der Seite der Polizei gegen die Angreifer zu kämpfen?

Die Polizei stand in Rostock selbst nicht auf seiten der Flüchtlinge, sonst wäre es am Montag nicht zu dem Brand in dem Heim gekommen. Von der Polizei ist bezüglich antifaschistischer und antirassistischer Arbeit nicht viel zu erwarten. Das haben die Erfahrungen der letzten Jahre zur Genüge gezeigt.

Rechnet ihr bei der Demonstration am kommenden Samstag in Rostock mit Angriffen von Rechten?

Ich halte das nicht für unwahrscheinlich. Wie wir uns verhalten werden, kann ich nicht sagen. Interview: plu

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