: »Stoppt die Pogrome« in Rostock
■ »Antirassistisches Aktionsbündnis« ruft zur Demonstration am Samstag in Rostock auf/ 10.000 TeilnehmerInnen aus dem Bundesgebiet erwartet/ 60 Autonome nach friedlicher Demo verhaftet
Kreuzberg. Das »Antirassistische Aktionsbündnis« hat gestern zu einer Demonstration am Samstag um 13 Uhr in Rostock-Lichtenhagen aufgerufen. Gegen die rechtsradikalen Ausschreitungen soll mit dem Motto »Stoppt die Pogrome« ein »unmißverständliches Zeichen« gesetzt werden. Ein Sprecher sagte, daß der Aufruf von verschiedenen Verbänden und Parteien unterstützt werde, darunter die IG Medien, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die PDS und die Grünen. Bei der Demonstration am Samstag rechne man mit mindestens 10.000 TeilnehmerInnen aus dem gesamten Bundesgebiet.
Bereits in der Nacht zum Montag waren an die hundert Autonome aus Berlin nach Rostock gereist, um »Solidarität mit den Asylbewerbern zu zeigen und bei ihnen zu bleiben, sofern sie das wünschten«, wie es hieß. Dazu seien sie aber nicht gekommen, eine »dichte Polizeikette« habe sie von dem Zentralen Sammellager der Asylbewerber ferngehalten. Die Kundgebung sei »absolut friedlich« gewesen. Das Aktionsbündnis verwahrte sich gegen die Äußerungen von Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidenten Berndt Seite (CDU), Rechte und Autonome hätten Seite an Seite versucht, das Wohnheim zu stürmen. »Es ist völliger Quatsch«, sagte eine Sprecherin, »daß Autonome sich an rassistischen Übergriffen beteiligen.« Obwohl durch Parolen deutlich gemacht worden sei, daß es sich um »antirassistischen und antifaschistischen Protest« handele, habe die Polizei nach dem Ende der Kundgebung rund 60 Autonome festgenommen und ihre Fahrzeuge durchsucht. Gründe dafür seien ihnen nicht genannt worden, auch sei ihnen das Recht verweigert worden, ihre Anwälte zu informieren. Von einem Beamten seien die Gegendemonstranten als »linke Zecken« beschimpft worden, eine Beamtin habe gesagt: »Ihr gehört doch alle ins Arbeitslager.« Ungefähr 30 der Festgenommenen habe die Polizei gegen ihren Willen in einer Turnhalle zusammen mit 35 Rechtsradikalen gefangengehalten. Die Situation sei bedrohlich gewesen. Die anderen 30 hätten zwischen 3.00 Uhr und 9.00 Uhr stehend und mit Handschellen gefesselt auf dem Hof vor der Turnhalle ausharren müssen. 18 Stunden seien sie festgehalten worden, jetzt werde gegen sie wegen Landfriedensbruch ermittelt. Eine Sprecherin des »Aktionsbündnisses« konnte sich gestern die Festnahmen nicht anders erklären, als daß die Beamten »die Festnahmestatistik dieser Nacht aufbessern wollten«.
Den Medien warf das »Aktionsbündnis« vor, daß sie nicht über den »Widerstand gegen die Pogrome« berichteten. An die Adresse der Politiker sagten sie, daß die mit der Asyldebatte »von ihrer Verantwortung für soziale Probleme ablenken« wollten und damit die »Pogromstimmung« provozierten. rak
Informationen zur Demo in Rostock:
Kontakttelefon 3927030
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