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Kein Skisport in der erste Reihe

■ Auch der alpine Skisport wird zur teuren Fernsehware/ ARD und ZDF wollen die geforderten Wucherpreise nicht zahlen: „Dann übertragen wir eben nicht mehr.“

München (dpa) – Mit dem Monopol der öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten in Sachen alpiner Skisport ist es wohl vorbei. Nach Tennis und Fußball wird neuerdings auch um die Übertragungsrechte im alpinen Skisport mit hohen Summen gefeilscht. Wie der Internationale Skiverband (FIS) bestätigt, hat die in der Schweiz ansässige Rechte-Handelsgesellschaft „Halva Finanzanstalt“ rund 75 Prozent der Weltcup-Rennen aufgekauft.

Noch weiß kein Mensch, wer die Ende November beginnende Weltcup-Saison überträgt. ARD- Sportkoordinator Hartmann von der Tann ist offenbar nicht gewillt, die horrenden Preise zu bezahlen: „Diese Gesellschaft bietet zu überhöhten Preisen. Steigerungsraten um die 100 Prozent sind wir gewohnt, aber keine 2.000. Zu solchen Preisen übertragen wir nicht.“

So werden einmal mehr die Privatsender die Rechte erstehen. Was dazu führen wird, daß mehr Skisport übertragen wird. Dies wiederum käme den Veranstaltern solcher Ereignisse entgegen, denn mehr Fernsehen bedeutet höhere Werbeeinnahmen und insgesamt eine noch größere Kommerzialisierung des alpinen Skisports.

Erstmals profitieren auch die Skifahrer tüchtig von der Kommerzialisierung. Aufgrund der hartnäckigen Forderungen von Armin Bittner hat der Skipool des Deutschen Skiverbandes die Prämien für Weltcup-Siege drastisch erhöht. 93.000 Mark zahlt der Pool für einen WM-Sieg 1993 – vor zwei Jahren waren es nur 25.000 Mark. Ein erster Platz bei Weltcup-Rennen bringt bis zu 65.500 Mark ein.

Auf die publikumsträchtigen Veranstaltungen wie die Herren- Rennen in Val d'Isere, Gröden, Sestriere und Madonna di Campiglio haben ARD und ZDF keinen Zugriff. „Halva“ hat rund 75 Prozent der Rennen für ein Vielfaches der bisher üblichen Preise gekauft und will sie teuer weiterveräußern. „,Halva‘ versucht, die Europäische Sende-Union EBU zu vernichten, so wie das Bernie Ecclestone mit der Formel 1 versucht hat“, so von der Tann.

Auch an den DSV ist „Halva“ wegen der Rennen in Garmisch- Partenkirchen herangetreten. „Wir haben denen klargemacht, daß wir einen Vertrag mit ARD und ZDF haben“, sagt DSV-Generalsekretär Bernd Rubach. Der seit 1. Januar 1991 bestehende Vertrag läuft bis 1995. Einschließlich einer Option bis 1996 zahlen die beiden Sender für die in dieser Zeit stattfindenden alpinen und nordischen Wettbewerbe in Deutschland rund zehn Millionen Mark.

Seit der Internationale Verband bei seinem Kongreß im Sommer in Budapest gewisse technische Beschränkungen für die Lieferung von Fernsehbildern in die Überseeländer aufgehoben hat, ist „Halva“ auf den Plan getreten. Nicht nur als Makler, sondern auch als Übeträger: Geschäftsführer Mark Mascarenas (USA) plant, das Sende-Signal für Weltcup- Übertragungen von seiner Gesellschaft „Worldtel“ produzieren lassen. Bisher war der Austausch von Übertragungs-Signalen Monopol der EBU.

In der Schweiz und in Österreich, wo der Skisport einen enorm großen Stellenwert besitzt, könnte der Sport selbst am Ende als großer Verlierer dastehen. Denn dort gibt es kein Privatfernsehen, das die „Halva“-Rechte aufkaufen könnte. „Wenn der Weltcup nicht nahtlos übertragen wird, ist der Skisport tot“, befürchtet Eurovisions-Sportchef Richard Bunn.

Die Österreicher vertreten eine ähnliche Position wie die deutschen öffentlich-rechtlichen Sender: „Wir verhandeln, aber nur bis zu einer gewissen Grenze“, formuliert der Sportchef des Österreichischen Fernsehens, Franz Krynedl, seine begrenzte Bereitschaft, Wucherpreise zu bezahlen.

Derweil herrscht allerorten weiter Rätselraten über den Hintergrund der neuen Gesellschaft mit Briefkastenadresse in Zürich. „Die sind aufgetaucht wie eine Fata Morgana“, meint von der Tann. Auch DSV-Generalsekretär Rubach muß zugeben: „Wir tappen im dunkeln.“ Andrea Wimmer

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