Sieben Stuten auf einem Streich

■ Pferdesport: Lacros verabschiedet sich beim Kieler Reit-Turnier mit ungeahnter Intelligenz

Lacros verabschiedet sich beim Kieler Reit-Turnier mit ungeahnter Intelligenz

Zum Abschied der Karriere sahen viertausend Zuschauer gestern in der Kieler Ostseehalle ein ganz ungewohntes Bild von Lacros: Mit hängendem Kopf schlurfte der Hengst aus dem Parcours, der Reiter nicht auf ihm, sondern neben ihm. Die Aufregung war wohl doch zuviel für Pferd und Reiter. Schon seit Tagen wurde über nichts anderes gesprochen als den Abschied von Lacros, seinem Ausstieg aus dem Sport und daß sich der Hengst für seine Abschiedsvorstellung noch einmal etwas ganz besonderes vorgenommen hatte: Siegen im Großen Preis von Kiel. Damit wurde gestern nichts. In einer Dreier-Kombination warf Lacros, der schon vorher ins Straucheln gegkommen war, seinen Reiter ab. Lacros blieb unbeschadet. Schröder zog mit einer leichten Gehirnerschütterung aus der Halle.

Seiner zukünftigen Karriere wird dieser Fauxpas keinen Abbruch tun. Der Holsteiner Lacros, Sieger zahlreicher großer Preise und dreimaliger Landesmeister in Schleswig- Holstein und Hamburg, ein Hengst mit einer Gewinnsumme von mehr als 500000 Mark, darf in Zukunft zu den Mädels. Als Deckhengst soll der 14jährige eingesetzt werden, Bereiter Dirk Schröder und Besitzerin Gudrun Winter erhoffen sich das große Geschäft. Mehr als 100000 Mark haben sie in den Aufbau einer Besamungsstation in Lentförden in der Nähe von Kaltenkirchen investiert. Eine Deckstation ist dort schon vorhanden, aber der Stutenandrang bei Lacros ist so groß, daß man lieber auf die künstliche Besamung baut. „So können mit einem Sprung aufs Phantom gleich sieben oder acht Stuten bedient werden“ erklärt der Berufsreiter. Das rechnet sich dann schon: Eine Portion Samen wird bei Lacros mit 1200 Mark berechnet. Gleich in vier Zuchtgebieten ist der 14jährige als Deckhengsst zugelassen - 200 Stuten sind schon angemeldet. Die Gründe für die Begehrtheit von Lacros sind vielfältig: Neben dem sportlichen Erfolg hat der Hengst auch einen interessanten Stammbaum vorzuweisen, Lacros ist ein Sohn des wichtigsten Holsteiner-Vererbers Landgraf. Als Tugenden werden ihm unter anderem „das Herz eines Kämpfers“ nachgesagt. Auf der Habenseite steht auch noch die technische Brillanz, die er im zahlreichen Springen schon unter Beweis gestellt hat. In der Ostseehalle stellte Lacros gestern auch noch einen anderen Vorzug unter Beweis: ausgeprägte Intelligenz. Er machte noch einmal klar, daß es nicht ganz normal ist, daß Reiter sich vor 4500 Zuschauern für die Leistungen von Pferden feiern lassen und warf Schröder kurzerhand ab. ank