: "Ohne Legalisierung geht es nicht!"
■ Kongreß für akzeptierende Drogenarbeit diskutiert menschenwürdigen Umgang mit Sucht
diskutiert menschenwürdigen Umgang mit Sucht
Drogen gleich Sucht gleich Kriminalität, Elend und Tod: Auf diese einfache Gleichung reduziert sich die Wahrnehmung von Drogenkonsum in den Köpfen vieler Menschen. Daß ein verantwortungsvoller Umgang mit Drogen ihre Legalisierung voraussetzt, meint dagegen „akzept“, der Bundesverband für akzeptierende und humane Drogenarbeit.
„Menschenwürde in der Drogenpolitik — ohne Legalisierung geht nichts!“ lautet daher das Motto des zweiten Bundeskongresses von „akzept“, der vom 3. bis 6. Juni in der Hamburger Universität stattfindet. Die Idee: ExpertInnen, DrogenkonsumentInnen, AnwohnerInnen und andere diskutieren gemeinsam Alternativen zur bestehenden Rechtslage.
Verbote von Drogen, Polizeieinsätze gegen Abhängige und deren Kriminalisierung, so „akzept“, bauen in der Öffentlichkeit bloß Horrorszenarien auf, die einer nüchternen Auseinandersetzung mit Drogenkonsum nur im Wege
1stehen. „Es gibt keine drogenfreie Gesellschaft“, sagt Jens Pries vom „akzept“-Kongreßbüro, „mit Prohibition kommen wir nicht weiter.“
Im Gegenteil: Die Politik der Verbote sei gescheitert, da sie zahllose Drogenkonsumenten in die Verelendung oder Kriminalität treibt. Im Modell der akzeptierenden Drogenarbeit hingegen wird Drogenkonsum toleriert, begleitet von sogenannten „niedrigschwelligen“ Betreuungsangeboten. Gemeint sind damit Möglichkeiten zum Spritzentausch, die Schaffung von Übernachtungsplätzen und Gesundheitsräumen, aber auch die Heroin-Substitution durch Abgabe von Methadon.
Gerade hier bleibt das Angebot immer noch weit hinter der Nachfrage zurück. „Das ist nicht mehr als das Minimum, damit nicht der Deckel hochgeht“, meint Jens Pries. So stehen etwa für 10 000 HeroinkonsumentInnen in Hamburg bis jetzt nur 500 Plätze in Substitutionsprogrammen bereit. Während im Ausland Methadon breite Anwendung findet, versperren in Deutschland bürokratische Hürden, Kontrollen und Wartezeiten den Weg zur Ersatzdroge.
Wirksame Prävention, so argumentiert „akzept“, erfordert bedürfnisgerechte Hilfe und kann nicht mit dem Strafrecht erreicht werden. Daß der Gedanke der Legalisierung für Politiker jedoch noch immer ein striktes Tabu ist, läßt ein Blick in das Kongreßprogramm erahnen: Hamburgs Bürgermeister Henning Voscherau hat zwar die Schirmherrschaft übernommen, sich auf der Eröffnungsveranstaltung inhaltlich zu äußern, hat er jedoch abgelehnt. Auch der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Eduard Lindner, hat eine Einladung ausgeschlagen. Uli Mendgen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen