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Letzte Zuckungen des Transrapid

■ Henning Voscherau und die Großprojekte, Teil 3867: Magnetschnellbahnprojekt Hamburg-Berlin steht vor dem Aus

steht vor dem Aus

Hamburgs Stadtchef Henning Voscherau wußte mal wieder ganz fix Bescheid. Einen „Wendepunkt der verkehrspolitischen Perspektiven unseres Landes“ machte er beim Projekt einer norddeutschen Magnetschwebestrecke aus und räsonierte freudetrunken: „Für Hamburg und Berlin bietet sich eine neue Chance, die auf uns zukommenden Verkehrsprobleme innovativ anzupacken, die beiden bedeutendsten deutschen Städte, die Zentren von Politik und Außenwirtschaft, miteinander konkurrenzlos zu verbinden.“ Das war im Januar 1992. Heute, nur knapp ein Jahr später, darf der Ankündigungsbürgermeister wieder mal einen Aktenordner mit dem Hinweis „nicht machbar“ zur Seite stellen: Das Industriekonsortium Transrapid (Thyssen-Henschel, Siemens, Daimler) hat endgültig klargestellt, daß es Bau und Betrieb der Strecke Hamburg-Berlin nicht finanzieren wird. Das war zwar ExpertInnen und Insidern schon seit langem nicht unbekannt — bis zuletzt jedoch zierte sich die Industrie, die Hosen wirklich herunterzulassen. Das war jetzt, kurz vor der Entscheidung über die Aufnahme des Projekts in den Bundesverkehrswegeplan, nicht mehr zu vermeiden. Mit gewaltiger Verspätung gingen drei als „Finanzierungskonzepte“ getarnte Subventionsbegehren im Bundesverkehrsministerium ein.

Als die BeamtInnen die gewichtige Post durchgingen, staunten sie nicht schlecht. Ihr Kommentar: „Wir sind enttäuscht. Die Unterlagen erfüllen nicht unsere Erwartungen.“ Verkehrsminister Günter Krause hatte das von seinem Vorgänger Friedrich Zimmermann (CSU!) strikt abgelehnte Projekt bislang nämlich nur am Leben halten können, weil er Bundesfinanzminister Theo Waigel fest zugesichert hatte, die Referenzstrecke werde fast vollständig von der Industrie bezahlt. Die Finanzierungsvorschläge des Transrapid-Konsortiums enthielten jetzt das Gegenteil: Der Bund soll nach eventueller privater Vorfinanzierung den Fahrweg voll bezahlen, sich mehrheitlich an der Betriebsgesellschaft beteiligen und damit auch überwiegend für die finanziellen Risiken des Betriebs geradestehen.

Das ganze Zahlenwerk der Industrie strotzt darüber hinaus vor Ungereimtheiten: So sollen nach Fertigstellung der Strecke Hamburg-Berlin plötzlich 15 Millionen Fahrgäste pro Jahr den Magnetflitzer besteigen. Bahn und Lufthansa zählten 1992 aber zusammen nicht einmal 2 Millionen KundInnen zwischen den beiden Städten. Dazu ist die Magnetbahn technisch immer noch nicht ausgereift und hat ein zentrales Problem der Streckenführung noch nicht einmal im Ansatz gelöst: Die Einfahrt in die Stadtzentren von Berlin und Hamburg ist weder finanziell noch stadtplanerisch gelöst. Diese Probleme sind schon seit langem bekannt.

Bislang spielten Industrie und Günter Krause jedoch in holder Eintracht das beliebte „Hasch mich — ich bin der Frühling!“ Die Industrie versprach, sich finanziell zu engagieren und säuselte etwas von

1privater Finanzierung, wobei sie jedoch lediglich die Vorfinanzierung durch Banken meinte, für die der Bund am Ende geradezustehen hätte. Krause wiederum, sachlich durchaus im Bilde, benutzte die Wortspiele der Industrie, um seinen Kabinettskollegen Sand in die Augen zu streuen. Die stille Hoffnung von Krause, Thyssen, Siemens, Daimler und der Deutschen Bank, die das Industriekonsortium beratend unterstützt: Irgendwie werde sich mit Forschungsmitteln

1und Finanzierungstricks das Projekt doch noch retten lassen.

So, das steht heute schon fest, wird es nicht funktionieren. Die Industrie, bislang durch knapp 2 Milliarden Forschungssubventionen für das Transrapidprojekt gepäppelt, sieht sich nicht in der Lage, das gut 10 Milliarden Mark schwere Finanzrisiko der Strecke Hamburg-Berlin auch nur zu einem nennenswerten Teil zu übernehmen. Bleibt als letzte Hoffnung für die Transrapid- Fans die Bundeskasse: Ob Kohl und

1Waigel nach den 600 monatlichen Mark für Krauses Putzfrau nun auch noch 10 Milliarden für ein selbst nach Auffassung konservativer ExpertInnen verkehrspolitisch sinnloses Projekt springenlassen?

Nicht nur Krause wird wohl eine kleine Träne im Knopfloch zerdrücken: Für Henning Voscherau geht auch der Traum vom neuen Hamburger Großflughafen Parchim perdu, der nur als Abfallprodukt des Transrapid eine Winzchance gehabt hätte. Florian Marten

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