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Alte Rechnungen: Stadtwerke-Grobecker

■ Wie Grobecker als Stadtwerke-Aufsichtsrats-Vorsitzender verhindert werden sollte

Wenn Claus Grobecker heute beim Stadtwerke-Untersuchungsausschuß aussagen wird, dann könnte es richtig spannend werden: Hinter den Kulissen wird von alten Rechnungen geredet. Und die gibt es nicht allein zwischen dem Ex-Senator Grobecker und den aktuellen Senatoren mit Klaus Wedemeier an ihrer Spitze, sondern vor allem zwischen dem ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Grobecker und dem amtierenden Stadtwerkevorstand.

Dieser Tage ist ein Brief aus dem Jahre 1985 aufgetaucht, den der jetzige Vorstand und Stadtwerke-Arbeitsdirektor Jörg Willipinski damals an den frischgebackenen Bürgermeister Klaus Wedemeier geschrieben hatte. Willipinski war damals als ÖTV-Sekretär Arbeitnehmervertreter im Stadtwerke-Aufsichtsrat als 2. Vorsitzender. Unter dem Briefkopf der ÖTV schrieb er, ob der Bürgermeister sich nicht überlegen wolle, selbst Vorsitzender des

Mann-Kopf

mit halber

Hand

Claus Grobecker

Aufsichtsrats zu werden. Der Posten war vakant, und nun galt es, das Schlimmste zu verhindern. Und das hieß Claus Grobecker.

Grobecker war Nachfolger des Finanzsenators Thape geworden. Die Vorstellung, daß er auch im Aufsichtsrats-Vorsitz nachfolgen sollte, machte den Gewerkschaftlern Bauchgrimm. Da der Brief nichts fruchtete, ließen die Arbeitnehmer-Vertreter den Kandidaten Grobecker bei der Wahl zunächst durchfallen. An beide Vorgänge wollte sich Willipinski vor dem Untersuchungsausschuß überhaupt nicht erinnern.

Es gebe zwar keine persönlichen Einwände gegen Grobecker, hatte Willipinski mit dem Datum vom 24. September 1985 geschrieben. „Wir bitten Sie dennoch zu überlegen, ob es auch aus optischen Gründen nicht zweckmäßig wäre, einen anderen Vertreter des Anteilseigners als den Finanzsenator vorzuschlagen. In der Verbindung Senator für Finanzen und Vorsitzender des Aufsichtsrates wird leider immer der Eindruck hervorgerufen, der Aufsichtsratsvorsitzende handle nicht überwiegend im Interesse des Unternehmens, wonach er aktienrechtlich verpflichtet ist, sondern er trete in erster Linie für die finanziellen Interessen der Stadtgemeinde Bremen ein“, sorgte sich der Gewerkschaftsmann, um dann „namens der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat“ Wedemeier zu bitten: Ob er nicht selbst der Tradition Koschnick folgen wolle? „Mit freundlichen Grüßen“.

Dazu kam es nicht: Am 4. Oktober, nur eine gute Woche nach dem Brief, wurde der Aufsichtsratsvorsitzende Grobecker inthronisiert. Den Posten hatte er allerdings nur knappe drei Jahre, bis er nach heftigen Auseinandersetzungen mit dem Vorstand wutentbrannt die Brocken hinschmiß. Ende August 1988 übernahm Klaus Wedemeier den Posten.

Über die näheren Hintergründe des Briefes kann nur spekuliert werden. Am wahrscheinlichsten ist dabei, daß die Arbeitnehmer das genau so gemeint haben, wie es im Briefe steht. Von Grobecker, der sich selbst als einziger richtiger Arbeiter im Senat titulierte, erwarteten sie, daß die Kasse für die Stadtwerke-Sozialleistungen knapper würde. J.G.

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