Bücher klein: Ein Chinese in Paris
■ Jonathan D. Spence: "Der kleine Herr Hu. Ein Chinese in Paris"
Ein merkwürdiges Dokument des Umgangs mit dem Fremden hat der Brite Jonathan D. Spence geschrieben: „Der kleine Herr Hu. Ein Chinese in Paris“. Es hat nichts mit der Leichtigkeit des gleichklingenden „Ein Amerikaner in ...“ zu tun. Herr Hu wäre eine namenlose Existenz, hätten nicht französische Klerikale ihn in ihren Dokumenten erwähnt– wohl aus Rechtfertigungsgründen. 1721 jedenfalls geht John Hu, Türwächter der Jesuitenmission in Kanton, als Schreibhilfe mit dem ehrgeizigen Jesuitenpater Fouquet an Bord eines Schiffes nach Europa. Hu, bekehrter Christ, will unbedingt zum Papst, Fouquet seine Bücher zurückbringen und Karriere machen. Spence rekonstruiert die Überfahrt, versucht nicht zu imaginieren, sondern mit Hilfe schriftlicher Mitteilungen in spröder Sachlichkeit zu dokumentieren, wie man mit Hu, der sich (nachdem die Papst-Audienz sich als Seifenblase entpuppt) seiner Arbeit verweigert und fordernd auftritt, umging: Er wird verprügelt wie ein Hund, rennt weg, wird von der Pariser Polizei geschnappt, kommt wieder und landet schließlich in der Irrenanstalt von Charenton. Alles Dokumente einer tragischen Kommunikationsverweigerung beider Seiten, wobei beide ähnlich ignorant auf die Kultur des anderen reagieren. Hu jedenfalls ist nicht reines „Opfer“. 1726 schließlich „sendet“ man ihn zurück nach China. AS
Jonathan D. Spence: „Der kleine Herr Hu. Ein Chinese in Paris“; dtv-sachbuch 30343, 1993, 12,90 DM
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