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Reform erst nach teurer Kammerwahl

■ FDP und Grüne lehnen CDU-Vorstoß zur Reform des Kammer-Gesetzes derzeit ab

„Demokratie kostet Geld“, erklärte der SPD-Parlamentarier Detmar Leo gestern den Abgeordneten der Bürgerschaft. Thema war allerdings nicht die Diätenfrage, sondern die Wahl zu den Vertreter-Gremien (“Vollversammlung“) der Arbeiter- und der Angestelltenkammer in diesem Herbst. Eine Million Mark mehr Kosten für das Wahlverfahren steht in der Abrechnung, seit dem 1987 (im Vergleich zu der Wahl 1981) von Briefwahl auf Urnenwahl umgestellt wurde: eine Million Mark „Personalkosten“ für die Wahlvorstände in den (Groß-)Betrieben.

Die gute alte Briefwahl war aber nicht nur billiger, sondern ist auch demokratischer, argumentierte CDU-Vertreter Peter Kudella: das Urnenwahlrecht führe zu einer „massiven Ausgrenzung von Klein-und mittelstädischen Betrieben“. Die Wahlbeteiligung liegt unter 50 Prozent.

Hintergrund des Wahlverfahrens-Streites ist die Überzeugung bei den Gewerkschaftern, daß in den großen Betrieben der DGB besser organisiert ist und per Urnenwahl seine Leute besser mobilisieren kann, während die konkurrierende Deutsche Angestellten-Gewerkschaft (DAG) glaubt, ihre Anhönger in den Kleinbetrieben per Briefwahl besser erreichen zu können. Während die DGB-Gewerkschaften strikt für die Urnenwahl sind — und die Million Kosten für ihre Wahlhelfer und die Demokratie ausgeben wollen —, verlangt die DAG unter Hinweis auf die Kammer-Finanzen und gefährdete Stellen die Wiedereinführung der Briefwahl.

Bemerkenswert an der Bürgerschaftsebatte gestern war der differenzierte Tonfall der Ampel- Vertreter. Der FDP-Abgeordnete Axel Adamietz unterstrich, daß die Kammer-Vertreter selbst sich durchaus der Verantwortung stellen müßten, wie sie die Zwangsbeiträge verwenden, wenn sie demnächst jemanden entlassen müßten. Es gebe durchaus Gründe, die Wahlrechtsfrage zu beraten — allerdings nicht im laufenden Wahlkampf, wenn gleichzeitig eine der kandidierenden Parteien dies verlange. Das könnte als Eingriff in den Wahlkampf verstanden werden — das Thema sollte nach der Wahl gründlich beraten werden.

Ausdrücklich fand die Grüne Karoline Linnert zum CDU-Vorstoß für eine Reform des Kammer- Gesetzes, das sei „der richtige Vorschlag zur falschen Zeit“. Für nach der Kammer-Wahl mahnte die Grüne gleich eine Serie anderer Reform-Punkte an:

Die Verwendung der Zwangsbeiträge müsse durch eine „gläserne Haushaltsführung“ transparent sein. Um Verwaltungskosten zu sparen, dürfe auch die Zusammenlegung von Arbeiter- und Angestelltenkammer kein Tabu sein. Und es müsse über einen „leichteren Zugang für nichtorganisierte KandidatInnen“ nachgedacht werden. Obwohl die große Mehrheit insbesondere der Angestellten nicht Mitglieder einer Gewerkschaft sind, dürfen nach der geltenden Wahlordnung gewerkschaftsunabhängige Listen nicht kandidieren.

Derzeit regelt das Bremer Kammer-Gesetz, daß nur Gewerkschafter de facto über die (Zwangs-)Kammerbeiträge der Angestellten, die nicht Mitglieder einer Gewerkschaft werden wollen, verfügen können.

K.W.

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