piwik no script img
taz logo

Augen auf

■ Ab heute die erste große Picasso-Schau seit 1956 in der Kunsthalle

Werke des ganz Großen dieses Jahrhunderts Kunstgeschichte birgt ab heute die Kunsthalle. Nach 1956 ist erstmals wieder eine große Schau dem Jahrhundert-Genie, das auch vom letzten Kritzler an der Wand schon mit einem herzlichen „Lieber von Picasso gemalt als vom Leben gezeichnet“ gewürdigt wurde, in der Kunsthalle gewidmet.

Nachdem die Ausstellung Picasso. Die Zeit nach Guernica 1937 — 1973, konzipiert von Heiner Bastian und Werner Spies, bereits das Publikum in Massen in die Münchner Kunsthalle und die Nationalgalerie in Berlin gezogen hat, ist man nun in Hamburg gut auf den großen Andrang gerüstet. Die Kunsthalle hat sich fein gemacht für den hohen Besuch: Eine neue Klimaanlage wurde installiert, die Bodenbeläge und Wandbespannungen erneuert und in der Kuppel ist kein feuchtes Fleckchen mehr zu entdecken. Und Kunsthallen-Chef Uwe M. Schneede fürchtet sich nicht vor Menschenschlangen. Die werden von Anfang bis Ende an Gemälden und Skulpturen entlanggeführt, Schneede: „Der Fluß ist gewährleistet.“

In der Kuppel sind um die Skulpturen der ausgemergelten Ziege, der „Schwangeren Frau“, eines Mannes mit einer Ziege auf dem Arm, der „Frau mit Schlüssel“ — eine aus Rohrbruchstücken geschweißte und in Bronze gegossene fast heitere Bordellmutter --, und dem großen runden Frauenkopf Dora Maarin Bronze elf Frauenportraits gruppiert, verzerrt, verdreht, aber auch eine schwatzhaft-ernste Dame mit fischförmigem Hut, bedeckt mit Zitrone und Messer und Gabel, die ihre Hände überaus heftig zu falten scheint. Seinen Augen war nichts fremd, nicht Schrecken, nicht Komik.

Guernica, das erste Gemälde, mit dem Picasso einer großen Öffentlichkeit zum Begriff wurde, wurde auch für Pablo Picasso ein Wendepunkt. Das Bombardement auf die baskische Dorf Guernica durch die deutsche Nazi-Legion Condor, war der erste Anschlag aus der Luft auf eine Zivilbevölkerung. Picassos immernoch aufrüttelndes Gemälde ist zwar in Madrid geblieben, die Mittel der Verzerrung und Entkörperung von Gestalten setzte er jedoch auch in Werken ein, die nun in Hamburg zu sehen sind. Bis 1994 blieb er, der im spanischen Bürgerkrieg die Republikaner großzügig unterstützt hatte, — der Nazi-Besatzung zum Trotz — in Paris, wo sich seinerzeit Hitlers Lieblings-Bildhauer Arno Breker ausbreitete, Picasso den Stempel „entartet“ bekam und von den deutschen Besatzern mit einem Ausstellungsverbot belegt wurde. Bewußt setzte er den rassistisch-heroischen Leibern Brekers eine Phantasie entgegen, die weniger der Erfindung als der Verwandlung galt. Die große Schau spart nun fast den Ausflug in die Picasso-Museen in Paris oder Barcelona — fast, auch die nun zu sehende überwältigende Vielfalt zeigt nur einen — gut gewählten — Bruchteil von Picassos Schaffen.

jk

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen